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Das Jahr fängt gut an, mit einer Autofahrt von Port Elizabeth nach Kapstadt, zum Teil auf der bekannten Garden Route. Nachdem alle Versuche gescheitert waren, den Dieseltank in PE reinigen zu lassen, hat Jean, der Unermüdliche, ein System mit zwei 80 l-Tanks installiert, das immerhin mit den Kanistern an Deck zusammen, eine Kapazität von 260 l hat. Damit können wir ca. 300 sm motoren. Wie sich herausstellen sollte, hat das auch für den Südatlantik bis Trinidad gereicht. In St. Helena, Fernando de Noronhas und Kourou haben wir dann nachgetankt.

Nun aber zurück zu unserer Fahrt nach Kapstadt. Die Landschaft präsentiert sich als sehr weitläufig und trocken. Große Felderflächen ohne Baum und Strauch führen zur Verkarstung des Bodens. Ab und zu sieht man eine Straußenfarm, die oft auch Esel halten. Das sind wahrscheinlich die einzigen Tiere, die diese verrückten Vögel aushalten können.

Wir kommen durch Heidelberg und Lüneburg ist auch auf der Straßenkarte zu sehen. Heidelberg ist zu! Wir können keine Unterkunft bekommen. Es gibt eine Reihe Kneipen. Wahrscheinlich ist hier abends Halligalli, in dem Nichts. Ach ja, Camper sind auch noch da.

Wir fahren weiter und kommen an einen Fluß, der mit einer handgezogenen Fähre überquert werden muß. Es ist der Breede River. Wir warten in der Schlange etwa eine Stunde. Das ist aber gut so, denn so können wir ein wenig von dem vergangenen Südafrika aufnehmen. Diese unendliche Ruhe und der ländliche Flair. Die Fähre wird von Einheimischen gezogen, sechs Mann sind notwendig. Sie haben jeweils eine Kette in der Hand, die sie mit Schwung um das Hauptkabel schleudern und dann vom Bug zum Heck laufen. Dort wird die Kette  abgewickelt und der Mann läuft wieder zum Bug. So muß es schon vor 100 Jahren gewesen sein. Nur, daß die Einheimischen jetzt keine Sklaven mehr sind. Um ihre Arbeit zu erleichtern und ihr einen Rythmus zu geben, stimmen die Fährleute ein Lied an - unvergesslich.

Auf der anderen Seite angekommen, sehen wir ein kleines Hotel. Es liegt direkt am Fluß, und sie haben sogar ein Zimmer frei! Das Hotel heißt Malagas Hotel. Uns konnte nichts Besseres passieren: dieses kleine Hotel am Fluß, mitten in der südafrikanischen Landschaft und Ruhe über Ruhe. Natürlich verfügten sie auch über einen Gin and Tonic und ein Glas Rotwein als sundowner. Englische Tradition eben.

Der nächste Tag bringt uns durch die grüner werdende Landschaft in die Nähe des Cape Point bei Kapstadt. Ab und zu tauchen schon Hinweisschilder auf Weingüter und deren Angebote zur Weinprobe auf. Doch wir müssen erstmal eine Unterkunft finden. Nach langem Suchen kommen wir in .... in einem Gästehaus unter, das sich als einigermaßen preiswert und komfortabel herausstellt. Die Wirtsleute sind außerordentlich um uns bemüht. Am Abend versuchen ein Restaurant zu finden. Schließlich finden wir etwas, was nicht die sonstigen horrenden Preise hat. Es liegt direkt am Strand und man hat einen schönen Blick aufs Meer.

Der Besuch des Kap der Guten Hoffnung ist ein "absolutely must". So begeben wir uns auf den Weg. Aber wo ist es ?  Es gibt eigentlich drei Kaps. Da ist zunächst mal das Kap Agulhas, der südlichste Punkt Afrikas. Dieses Kap wurde von dem Kapitän Agulhas mit seiner Mannschaft zum ersten Mal umrundet. Man hatte den Weg nach Indien vor sich. Es war dann Vasco da Gama, der als nächster Indien erreichte. Am Kap Agulhas haben wir auch gestanden, ganz überwältigt von dem für uns bedeutenden Moment. Hier stoßen die Strömungen des Atlantik (kalt) und des Indischen Ozeans (warm) zusammen. Wir werden darüber berichten, wenn wir mit der ATAIR am Kap Agulhas vorbeisegeln.

Dann gibt es den "Cape Point" , hoch aufragende Klippen, schroff und gefährlich für den Segler. Auf dem Weg dorthin stoßen wir auf Horden von Affen, die wie Wegelagerer die Autos überfallen, die Seitenspiegel abreißen und Scheibenwischer verbiegen, wenn sie mit ihrem Betteln erfolglos sind. Man soll die Fenster geschlossen halten und möglichst zügig vorbeifahren.

Oben auf dem Cape Point kann man stundenlang stehen und den Wellen zuschauen, die sich mehrere hundert Meter weiter unten brechen. Auch hier müssen wir mit der ATAIR vorbei.

 

Und schließlich das "Kap der Guten Hoffnung". Es ist der südwestlichste Punkt Südafrikas. Ziemlich unscheinbar und flach. Es ist eigentlich nur durch das aufgestellte Schild zu erkennen und durch die vielen Touristenbusse. Ein jeder möchte ein Foto vom Kap der Guten Hoffnung haben. So auch wir, wie man sieht.

Der Kapitän Diaz, der dieses Kap zum ersten Mal umrundete, hatte dem portugiesischen König als Kapnamen "Kap der Stürme" vorgeschlagen, wie es eine korrekte Beschreibung des Charakters dieses Kaps gewesen wäre. Der König aber war offensichtlich schon auf einem Motivationsseminar gewesen und meinte, man müsse was Positives als Namen finden, und er nannte das Kap dann "Kap der Guten Hoffnung". Wenn das keine Motivation zum Weitersegeln ist.

 

Bevor wir nach Kapstadt fahren, machen wir einen Besuch bei den Kappinguinen in Simonstown. Es ist wohl die einzige Kolonie, die es von ihnen noch gibt. Ein paar Hundert dieser Art gibt es nur noch. Auch hier kann man verweilen und den Tieren bei ihrem Tagesablauf zusehen. Auf häusliche Ordnung und Sauberkeit scheinen sie keinen besonderen Wert zu legen. Ihre "Nester" sind nur in den Sand geschaufelte Mulden. Aber Sie sind immer zu zweit und das ihr ganzes Leben lang, jedenfalls soweit man hört. Wenn das Brüten angesagt ist, hockt einer/eine auf dem Ei (manchmal auch zwei) und der/die andere steht daneben und paßt auf. Es sei denn, er/sie geht fischen, um die Versorgung sicherzustellen. Da es sich hier um ein sogenanntes "sanctuary" handelt, sind Ranger zur Bewachung der Pinguine da, und der Besuch kostet Eintritt.

    

In Kapstadt quartieren wir uns in einem piekfeinen Hotel im Zentrum ein. Das muß ja auch mal sein. Im Aufzug, der uns ins 16. Stockwerk schießt, können wir einen Blick auf den Tafelberg werfen. Da wollen wir rauf? Zuerst gehts auf den nahegelegenen Marktplatz. Gerade singt ein Gospelchor und man kann sich südafrikanisch fühlen. Im Hotel warnt man uns, abends und nachts im Zentrum herumzulaufen. Vor Überfällen ist man dann nicht sicher. Die einzige sichere Zone, wäre das Hafengebiet mit vielfältigen Vergnügungsangeboten. So fahren wir mit dem Taxi dorthin und schauen uns auch die dort liegenden Yachthäfen an. Aber sie kommen ja sowieso nicht für uns infrage, da alle Segler zum Ausklarieren in den Royal Yacht Club müssen, und der liegt auf der anderen Seite des Hafens. Im Hafengebiet gibt es unzählige Restaurants und Bars mit gesalzenen Preisen. Das Ganze ist wie eine Riesenmall aufgezogen. Wenn man Glück hat, kann man Einheimische antreffen, die in kleinen Gruppen Musik machen z.B. auf der Marimba. Das ist aber das Einzige, was uns hier gefällt.

Der nächste Tag sieht uns zu früher Stunde an der Talstation der Seilbahn, die uns auf den Tafelberg katapultieren soll. Es ist eine sehr lange Schlange und wir stehen in sengender Sonne eineinhalb Stunden, bis wir dran sind. Die Fahrt dauert ca. 10 Minuten. Oben angekommen, kann man sich auf einen Rundweg begeben.  Sehr schön wird auf Schildern die besondere Flora und Fauna dieses Berges beschrieben. So treffen wir z.B. auf einen Klippschiefer, ein Nagetier, das sich hier oben wohl fühlt. Von verschiedenen Stellen hat man überwältigende Ausblicke auf die Küste, das Meer und auf Kapstadt. Ein letzter schöner Ausblick für Mia, denn morgen geht ihr Flug zurück nach Deutschland.

                                                  

Am gleichen Tag, dem 07.01.2015 kommt auch Sven wieder zurück von seinem Weihnachtsaufenthalt in Deutschland, und ich kann ihn gleich mit nach PE nehmen.

 

10. Januar bis 12. Januar 2015

Törn: Port Elizabeth - Mossel Bay (121. Etappe der Weltumsegelung der ATAIR)

Strecke: 192 sm

Crew: Wolfram und  Sven

Und dort beginnt gleich die Vorbereitung des Törns nach Mosselbay. Um 11:45 h legen wir mit Josefs Hilfe ab. Josef aus Bayern ist Dauerlieger im Algoa Yacht Club und plant als Crew mit einem anderen Segler in die Karibik zu segeln. Im Februar soll es los gehen. Das Schiff ist neu, aber noch nicht fertig. Es wird in Südafrika gebaut. Der Zeitplan erscheint uns sehr eng.

Nun ja, konzentrieren wir uns auf uns selbst. Vor dem Hafen empfängt uns ein ordentlicher Schwell, aber da er, wie der Wind, aus Osten kommt, geht es bei strahlendem Sonnenschein zügig voran. Mit 6-7 kn macht es uns auch nichts aus, daß der Wind ab 20:00 h auf S schwenkt. Es ist eine schöne Vollmondnacht und die Sterne sind so hell, daß sie trotz des Mondes zu sehen sind. Leider haben wir ab 24:00 h Westwind und der Motor muß angeworfen werden. Das Meer ist erfreulicherweise sehr ruhig und der Westwind auch nur eine leichte Brise.

Am 12.01. legen wir um 07:00 Uhr im Mossel Bay Yachtclub an, der vorher von Mia und mir schon auf der Autofahrt ausgekundschaftet worden ist. Man muß viel Glück haben, wenn man noch einen Liegeplatz ergattert. Die Liegeplätze sind durch Dauerlieger und Schiffswracks belegt. "Miss Me" kommt etwas später als wir an und muß sich mit dem allerletzten Platz an der Kaimauer zufrieden geben. Mit "Miss Me" hatten wir unterwegs Kontakt über SSB 7055 kHz, 08:00 und 20:00 Uhr. Das ist immer gut, wenn man seine Position angeben kann und melden kann, ob alles an Bord wohlauf ist. Gerade der Austausch von Informationen in diesem schwierigen Segelgebiet, in dem das Wetter von jetzt auf nachher umschlagen kann, ist besonders wichtig. Deshalb kann nur empfohlen werden, sich auch bei dem Peri Peri Net anzumelden. Dieses Wettervorhersage- und Navigationsnetz wird von versierten Seglern betrieben, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Segler gut um die Kaps zu bringen. Sie senden auf 8101 kHz  und später auf 12353 kHz um 0500 UTC und 1500 UTC. Wir selbst hatten noch zusätzlich das selbst initiierte Netz Southern Cross Net auf 8191 kHz. Gerade das Peri Peri Netz ist aus meiner Sicht unverzichtbar, da sie auch ganz konkret dein Schiff im Auge haben und individuelle Vorhersagen abgeben. Alle Achtung vor so viel selbstlosem Einsatz.

 

13. Januar bis 15. Januar 2015

Törn: Mossel Bay - Simonstown (122. Etappe der Weltumsegelung der ATAIR)

Strecke: 237 sm

Crew: Wolfram und Sven

Obwohl das Einlaufbier in der Strandbar gut geschmeckt hat, sind wir am 13.01. schon wieder auf See. Mit von der Partie war "Miss Me" (Schweden). Sören erzählt, wie ihm in PE die Kreditkarte geklaut wurde. Ein gut gekleiderter Herr (mit Schlips und Jacket) nähert sich als Sören gerade etwas Schwierigkeiten mit dem Geldautomaten hat. Der Herr fragt sanft, ob er Sören helfen könne. Sören sagt: " Ich wußte die ganze Zeit, daß ich das nicht machen darf, die Karte aus der Hand geben. Und trotzdem habe ich ihm die Karte gegeben. Es ist mir unerklärlich." Schließlich verschwindet der Herr sanft, wie er gekommen ist, mit der Karte. Sören hat natürlich alle Konten gleich gesperrt. Jetzt weiß ich, warum Jean sich bei mir immer als Wache aufgestellt hat, wenn ich Geld geholt habe. Einmal habe ich sogar den Wachmann eines Supermarktes angefaucht, damit er nicht zu nahe an mich herankommt. Später habe ich erst gemerkt, daß er ein Sicherheitsmann ist. Mein Verhalten war trotzdem richtig, denn auch Uniformen klauen.

11:30 h legen wir von Mosselbay ab. Niemand hat sich sehen lassen, um die Liegegebühr zu kassieren. Da der Service (sanitäre Anlagen) nicht vorhanden war, sehen wir auch keinen Anlass jemand zu suchen. Schnell draußen, empfängt uns ein Südwind mit 30 kn und die See ist bei Stufe 3 (von max. 5 Stufen). Während der Tage holt die ATAIR öfters so weit nach Steuerbord über, daß wieder der Kühlwasseransaugstutzen an Backbord freikommt und Luft in das Motorkühlsystem kommt. Dann gilt es 1/2 h zu warten, bis der Motor wieder gestartet werden kann. Wir segeln mit Groß und Fock. Insgesamt benutzen wir (inkl. Ein- und Ausfahrt) den Motor 9 h von den 42 h Törn von Mosselbay bis Simonstown. Insbesondere am Kap Agulhas ist es in Landnähe sehr flach und zusätzlich gibt es unvorhersehbare Strömungen. Am 14.01. gegen Mittag ist es so weit. Wir sind auf dem Längengrad des Kap Agulhas. Wir können es kaum am nördlichen Horizont ausmachen, weil wir vorsichtshalber weiter weg vom Land sind und die Sicht nicht die beste ist. Ein besonderer Moment. Die Südspitze Afrikas!!!!

Abrupt fällt die Meerwassertemperatur von 23° C auf 14° C. Jetzt sind wir im Atlantik. Der Fischreichtum ist unübersehbar. Wir sehen große Fischschwärme vorbeiziehen, wie Thunfisch und Sardinen. Die Seevögel lassen sich das nicht entgehen und schießen unablässig ins Wasser, um sich ihren Happen zu holen.

Die zweite Nacht verläuft ruhig. Wir sind viel zu schnell und erreichen Simonstown um 05:00 h morgens. Es ist stockdunkel, sodaß wir beschließen draußen abzuwarten, bis wir bei Tageslicht in die Marina einlaufen können. Mia und ich hatten die Marina schon besucht (sie liegt in der Nähe der Pinguine) und einen Platz gesichert.

Man kann auch vor der Marina in der Bucht ankern. Das ist aber gefährlich, da man legerwall liegt und bei starken östlichen Winden, die Gefahr besteht aufs Land gedrückt zu werden. Seit unserer Havarie im Yamba River in Australien, habe ich noch mehr Respekt vor solchen Ankerstellen. In den nächsten Tagen kommen Antje und Holger (SY Freya) an und ankern fröhlich in der Bucht. Dann kommt tatsächlich ein Wind aus Ost mit 30 kn auf und die Beiden müssen die halbe Nacht mit dem Motor umherfahren, weil der Anker nicht hält. Per Funk fordern wir sie auf, in die Marina zu kommen. Fünf Mann postieren sich an gut sichtbaren Stellen an der Einfahrt, damit sie es mit ihrem Langkieler leichter haben, den Weg zu finden. Da der Wind auch im Hafen drückt, können sie keine Fahrt wegnehmen. Hinterher gestehen sie uns, daß den Einzigen, den sie gesehen haben, der Sven war, weil er ein leuchtend rotes T-Shirt an hatte. Sven steht genau an dem freien Liegeplatz, und so geht alles gut. Die Wiedersehensfreude ist groß und das Einlaufbier darf auch nicht fehlen.

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Windmesser Odyssee

Oben am Mast der ATAIR befindet sich ein wichtiges Instrument: der Windmesser. Er liefert die Messwerte der Windstärke und der Windrichtung ins Cockpit und an den Innensteuerstand. Dieser hatte irgendwo auf dem Indic seinen Geist aufgegeben, sodaß ich (nach langem Suchen) bei einer Firma in Hamburg einen Ersatz bestellen mußte. Fast 500 € kostete das Teil inkl. Versand nach Südafrika. Der Plan war, daß das Gerät bei unserem Eintreffen in Simonstown da ist, und wir es für die Weiterfahrt über den Südatlantik nutzen können. Die Firma versandte das Gerät auch zügig mit DHL. Allein, das Paket war nicht in Simonstown angekommen. Mir schwante Unheil. Mit dem tracking konnte ich feststellen, daß die Sendung noch in Deutschland war - im Verteilungszentrum. Die Firma mahnte den Versand an. Es traf am 23. Januar 2015 in Johannesburg ein. Wieso Johannesburg? Wir waren doch in Kapstadt. Eine ähnliche Pleite hatte ich mit DHL schon einmal erlebt, als ich in Tahiti auf meine neue Visakarte wartete. Der fünfte Versuch klappte dann.

Ich ging zum Hafenmeister und beriet mit ihm, was zu tun sei. Er war so freundlich gewesen sich als Adressat nennen zu lassen, falls das Paket früher als ich in Simonstown angekommen wäre. Wir konnten auch nicht länger mit unserer Abfahrt nach Kapstadt und St. Helena warten. Wir entschieden, daß er das Paket ablehnen solle, damit es wieder nach Deutschland zurückgeschickt werden müßte.

In St. Helena erfuhren wir dann, daß das Paket wieder zurückgeschickt worden sei. Bei der Versandfirma traf es Ende April ein. D.h. nicht wirklich. Es lag im Verteilungszentrum Hamburg herum, mit dem Vermerk, der Adressat wäre nicht angetroffen worden. Das war nicht glaubwürdig, weil die Firma immer besetzt ist. Nach erneutem Nachhaken, wurde es dann ausgeliefert. Ich bat den Chef mir das Teil innerhalb Deutschlands zuzusenden. Und das klappte dann endlich. Ende Mai 2015 hielt ich das wertvolle Stück in Händen. Es landete bei den Teilen, die bei meiner Rückkehr nach Trinidad (wir waren ja bis dahin Anfang April gekommen!) mitzunehmen waren. Am 10. 01. 2016 brachte ich den Windmesser auf die ATAIR in Chaguaramas/ Trinidad. Dabei hatte der Zoll böse geguckt, weil es ein technisches Gerät war und sie Zoll darauf erheben wollten. Allerdings fehlten die Formulare und so wurde ich schließlich durchgewinkt. Ab 01.02.2016 gibt es keine zollfreie Einfuhr mehr für Segler, die bisher Ersatzteile mit dem Vermerk "ship in transit" zollfrei einführen konnten. Vielleicht hatten die Zöllner das schon im Kopf. Es blieb dann Sebastian vorbehalten den Windmesser am 19. 01. 2016 auf der Mastspitze zu montieren. Seither können wir wieder Windstärke und - richtung einwandfrei ablesen. Nach 1 Jahr und 2 Monaten einer Odyssee, an der Odysseus seine Freude gehabt hätte. Der war noch länger unterwegs, oder?

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Wir warten auf günstiges Wetter, um Cape Point und das Kap der guten Hoffnung zu umrunden. Wir müssen nach Kapstadt in den Royal Yacht Club, um auszuklarieren. Das Boot muß dort sein! Wieviel einfacher wäre es, wenn wir in Simonstown ausklarieren könnten, oder wenigstens das Boot dort lassen und  uns selbst in Kapstadt abmelden könnten. Tja, so kann man auch Geld machen, denn die Liegegebühr im Yachthafen ist nicht niedrig.

 

26. Januar 2015

Törn: Simonstown - Kapstadt ( 123. Etappe der Weltumsegelung der ATAIR)

Strecke: 66 sm

Crew: Wolfram und Sven

Endlich hat das Wetter ein Einsehen und die Vorhersage verspricht uns milde Bedingungen bei der Umrundung des Kaps der Stürme. Seelöwen sind zu sehen. Die Weibchen liegen auf dem Rücken, lassen sich treiben und säugen ihre Kleinen. Daran erkennt man schon, daß es weder Wind noch Welle gibt. Es ist diesig und die Kaps kaum zu sehen. So müssen wir die ganze Strecke bis Kapstadt motoren. Um 07:45 h sind wir aufgebrochen und um 09:35 h passieren wir den Cape Point und das Kap der Guten Hoffnung. Der Bellows Rock, der vor der Küste unter Wasser liegt, ist klar durch Meeresschaum zu erkennen. Hier sind schon viele Schiffe aufgelaufen!

Am 27.01. trägt der Tafelberg  eine Wolkenhaube. Das ist immer dann der Fall, wenn dort oben starker Wind weht. Da gucken die Touristen in die Röhre, denn dann kann die Seilbahn nicht fahren.

Wir klarieren aus. Die Taxifahrerin ist stur und fährt uns zum falschen Gebäude im Hafen. Wir hatten schon gesagt, wo es lang geht, denn auch das hatten Mia und ich schon ausgekundschaftet. Als sie vor dem falschen Gebäude hält, immerhin ca. 1 km vom richtigen entfernt, ist sie so gnädig uns diesen Kilometer noch zu fahren, möchte dann aber mehr als das vereinbarte Fahrgeld. Wir sind empört. Schließlich zieht sie ab.

Das Auschecken ist problemlos, abgesehen davon, daß man alles nochmal auf den Formularen ausfüllen muß, was sie doch sowieso schon wissen: Name, Paßnummer, Wohnort, letzter Hafen etc.

 

28. Januar 2015 bis 15. Februar 2015

Törn: Kapstadt - St. Helena (124. Etappe der Weltumsegelung der ATAIR)

Strecke: 1732 sm

Crew: Wolfram und Sven

Auf gehts nach St. Helena! Um 09:40 h laufen wir aus. Wir passieren Robben Island. Diese Insel ist ein Gefängnis, in dem Nelson Mandela 26 Jahre gefangen gehalten wurde, bis er frei kam und Präsident  Südafrikas wurde. Er wird in Südafrika von den Einheimischen sehr verehrt.

Die ersten Tage geht es mit etmalen zwischen 100 und 120 sm einigermaßen gut voran. Der Wind kommt bei einem Kurs von 300° aus südlichen Richtungen mit 10-20 kn. Am 31.01. kommen squalls vorbei, die uns zum Reffen zwingen. Wir haben das Groß und die Fock draußen. Am 01.02. leichte Schauer. Ab und zu setzen wir den Blister, wenn der Wind zu schwach wird.

Der 03.02. beschert uns zum ersten Mal fast Passatwolken. Thomas´ Kriterien, würden sie kaum entsprechen. Bei der Atlantiküberquerung 2006/ 2007 hat er darauf betsanden, daß alle Wolken am unteren RAnd wie mit dem Lineal gzogen sein müssen.

Am 04.02. wieder Squalls, d.h. Böen und Regen. Wir haben nachts den Parasailor gesetzt und haben nun Mühe ihn zu bergen. Aber es klappt. Wir setzen mit der Genua fort.

Und wie liest sich der 05.02. im Logbuch?  1230 h (SA-Zeit), Windrichtung: SE, Windstärke 10-15 kn, Böen, Segel: Parasailor, Seegang: 2, Luftdruck 1010,5 hPa,Temp. See: 22° C, Temp. Luft: 27° C, Fahrt: 5 kn, neuer Kurs 317°, Bewölkung: 8/8, Lampen: ok, Bilge: ok, Bat 1: 10,1 V, Bat 2: 12,0 V, Diesel: 234 l, Wasser: SB 60 %, BB 90 %, Position: 26° 35,805´S, 004° 38,285´E. Resümée: ein ganz normaler Tag.

Am 06.02. sehen wir ein rotes und weißes Licht und können uns keinen Reim darauf machen. Wie sich 07:30 h herausstellt handelt es sich um einen Tanker, der hier mitten im Atlantik treibt. Das scheint Schule zu machen. Voll mit Erdöl warten sie auf Anweisung welchen Hafen sie anlaufen sollen. Wahrscheinlich dort, wo der Verkaufspreis am besten ist. Hier auf See braucht man auch keine Liegegebühren zu zahlen.

Wir stellen von Genua um auf Blister. Die Hektik ist groß, als Sven einen beachtlich großen Mahi Mahi fängt. 1,20 m lang und 8,5 kg schwer. Und dann fängt er auch noch einen 8 kg - Thunfisch. Wer soll das alles essen? Sven hatte in Südafrika schon alle Zutaten für Sushi besorgt, darunter auch diese grüne, scharfe Paste - wie heißt sie doch noch gleich? Richtig: Wasabe. Außerdem muß man noch spezielle Blätter von speziellen Algen haben. Trotzdem schmeckt für mich Sushi wie --- wie Reis eben schmeckt.

Infolge des schwachen Windes sinkt unser etmal auf 80 sm. Wir haben noch 818 sm bis St. Helena vor uns.

Am 08.02. haben wir nur noch ein etmal von 50 sm. Dazu gibt es als Beigabe Schauer. Der Blister tut seinen Dienst.

Am 09.02. reißt um 11:30 h der Blister bei einer Böe mittendurch. Das kaputte Segel muß geborgen werden. Wir setzen die Genua. Um 10:00 h hatten wir noch Kontakt mit SY Voyager und SY Miss Me auf unserem Southern Cross Net 8191 kHz. Voyager ist auf Position 25° 18´S, 011° 36´E und Miss Me auf 23° 50´ S, 001° 59´ E.  Alle sind wohl an Bord.

Der 10.02. ist ein besonderer Tag. Erstens hat der Wind auf SE gedreht und auf 20 kn aufgefrischt. Unser etmal beträgt 105 sm. Und zweitens: um 08:32 h (SA-Zeit) überquert die ATAIR den Nullmeridian. Damit hat die ATAIR und auch ich nach internationalen Regeln die Weltumsegelung erfolgreich abgeschlossen. Ein Grund zum Feiern, oder? Da fallen auch die Schauer nicht mehr so ins Gewicht.

Nachts kommt ein starker Wind mit 30 kn aus SE auf. Dazu regnet es. Wir lassen die Genua gerefft stehen bei einem Kurs von 322° (true). "True" heißt: das ist der Kurs über Grund auch COG genannt ("Course over ground"). So kommen wir wenigstens aus unseren niedrigen etmalen vom 06.02. und folgenden Tage heraus.

Seit dem letzten großen Fang am 06.02., gibt es mittags und abends Fisch. Einmal gebraten, dann gesotten, dann Sushi, dann Ceviche. Die Menge an Fisch nimmt nicht sichtbar ab. Es wird der Tag kommen, an dem wir die schönen Fischfilets dem Meer zurückgeben müssen. Wir haben ja keinen Gefrierschrank.

Die Äpfel werden rationiert. Das geht nur Sven an, denn ich esse ja keine.

Am 11.02. müssen wir abends die Genua ausbaumen, weil der Wind auf unter 10 kn abgesunken ist. Es gibt immer wieder Schauer und einen beträchtlichen Wellengang, obwohl die Wellen nicht so bissig sind wie Im Indic.

Der 12.02. beschert uns eine ruhige Nacht mir einem herrlichen Sternenhimmel. Wir können zum ersten Mal den Großen Wagen wieder sehen!

Der Wind wird immer schwächer und unsere etmale fallen unter 100 sm.

Am 15.02. um 09:30 h (SA - Zeit) haben wir noch 26 sm togo bis St. Helena. Um 16:55 h fällt der Anker vor St. Helena. Hier kann man nirgendwo anlegen. Es gibt keinen Hafen.  Sogar mit dem Dinghi ist es schwer anzulegen, da die winzige Anlegestelle oft von schwerem Schwell heimgesucht wird.  Möchte man an Land gehen, kommt ein shuttle ans Boot und bringt einen sicher an die Anlegestelle. Dort sind Taue aufgehängt, damit man sich beim Sprung an Land festhalten kann. Abenteuerlich.

Betritt man die Hauptstadt von St. Helena, St. James,  durch das Wehrtor, so fühlt man sich in das England des beginnenden 20. Jahrhunderts zurückversetzt. Da gibt es noch die Poststelle, die kleinen Läden, Handwerker, Wäscherei ( betrieben von einer jungen, hübschen Witwe in einem kleinen Häuschen am Ende des "Dorfes"), Bürgermeisteramt und das führende Haus am Platze Hotel Caravelle, in dem man den High Tea zu sich nehmen kann. Keine Angst: es gibt auch Bier. Die Segler finden sich hier ein, da es internet gibt.

St. Helena kann, wenn nicht mit dem eigenen Boot, nur mit dem Postschiff erreicht werden, welches alle drei Wochen von Südafrika herüber kommt. Es gibt keinen Flughafen. Dieser wird gerade von mehreren hundert Thailändern gebaut, die abgeschieden in einem Arbeitslager neben der neuen Startbahn wohnen. Als ich bei einem Ausflug von oben das Projekt ansehen kann, erscheint mir die Start-/ Landebahn etwas kurz. Hinter vorgehaltener Hand machen die Einheimischen keinen Hehl daraus, daß sie an das Märchen, daß nun viele Touristen kommen sollen, nicht glauben, sondern sind der festen Überzeugung, daß der Flughafen aus militärischen Gründen gebaut wird. Es ist halt von hier näher zu den Falklandinseln, als von Ascension oder England aus.

Neben uns ankert auch "Vinga" mit dem Skipper Graham, der mir so viel in Mauritius bei der Motorreparatur geholfen hat. "Voyager" und Miss Me" sind auch da. Ebenfalls die "Picton Castle", ein 2 1/2 Masten Segler der historischen Klasse. Die Crew ist aus aller Herren Länder zusammengewürfelt. Es sind junge Leute, die einmal das Leben und Segeln auf einem alten Segler erleben wollen. Da gibt es eine strenge Ordnung an Bord, vom Kartoffelschälen bis zur Nachtwache. In die Wanten müssen sie auch zum Segelsetzen und Segelbergen. Sie sind ebenfalls auf dem Weg in die Karibik. Dort werde ich das Schiff am 08.03.2016 vor der Insel Bequia wieder sehen.

 

                                                                                                                                           Port St. James

Zunächst mache ich mit einem Teil der Crew eine Rundfahrt auf der Insel. Wir sind in einem alten Chevrolet aus dem Jahr 1936 zu 10 Leuten untergebracht. Das Auto läuft einwandfrei aus dem engen Tal, in dem St. James liegt, den Berg hinauf. Nur bei den Kurven muß der Chauffeur mehrmals zurücksetzen, weil der Wendekreis zu groß ist. Das sind aber auch enge Straßen und Kurven. Es geht hinauf zu Napoleons Unterkunft. Nach Waterloo haben ihn die Engländer hierher verbannt, damit er ein für alle Mal nicht mehr nach Europa zurückkehren kann. Angesichts der heute noch abgelegenen Insel, war es ein perfekter Plan. Napoleon ist hier gestorben und auf seinen Wunsch hin an einer Quelle, umgeben von hohen Bäumen, beerdigt worden. Sein eigentlicher Wunsch war, in Paris beerdigt zu werden. Dafür konnten sich die Engländer und Franzosen damals nicht einigen. Der Grabstein trägt keine Inschrift. Ebenfalls, weil Engländer und Franzosen sich auf keinen Text einigen konnten. Heute hat sich die Lage entspannt. Die Knochen Napoleons liegen inzwischen in Paris und England hat Frankreich Napoleons Unterkunft nebst Gelände an Frankreich übergeben, als französisches Staatsgebiet auf der englischen Insel St. Helena.

So weht denn auch die französische Flagge vor dem Haus, als wir es durch eine Seitentür betreten. Eine resolute Fremdenführerin erklärt die einzelne Räume und manche Gewohnheit Napoleons. Bis auf einen Spiegel im Esszimmer ist nichts original aus der Zeit. Vermutlich alles durch Andenkenjäger geklaut. Zwischendrin fährt mich das Persönchen an, daß hier nicht gefilmt werden dürfe. Verständnis heuchelnd lasse ich mich ans Ende der Gruppe zurückfallen - und filme doch.

Das Haus ist nicht groß und auch nicht komfortabel für damalige Verhältnisse. Das muß hier keinen Spaß gemacht haben. Der englische Gouverneur war sehr zurückhaltend mit Einladungen, d.h. er hat ihn nicht eingeladen zu ihm in seinen Palast mit 52 Zimmern zu kommen. Napoleon ist an einer Arsenvergiftung gestorben. Heute kann man nachweisen, daß er auf der einen Seite ständig kleineren Arsenmengen ausgesetzt war.

                                                                                                                                          Napoleons Haus (oben rechts der Spiegel)

Das Arsen wurde zur Bekämpfung der Ratten eingesetzt und war überall im Haus präsent. Neuere Untersuchungen zeigen aber auch, daß Arsen in Knochen des Ohrbereichs vorhanden ist. Dort kommt es nur durch gezielte Anwendung hin. Also Mord?

Nachdem wir noch das Totenbett Napoleons betrachtet haben, sind wir endlich wieder im Garten. Dort setzen wir uns auf eine Bank unter einer Steineiche, die N gepflanzt haben soll.  Mitleid für Napoleon will nicht aufkommen, wenn man daran denkt wie viele Hunderttausende Soldaten er umgebracht hat. Besonders beeindruckend für mich sein Feldzug bis nach Moskau, wo er nach der Niederlage seine Soldaten im Stich ließ und auf schnellstem Wege nach Frankreich zurückkehrte. Nur wenige kamen lebend zurück. Nach wie vor ist für mich unverständlich, warum so viele Leute ihm nachgerannt sind und Frankreich ihn bis heute verehrt.

Der Chevy bringt uns als nächstes zu dem Gouverneurspalast. Nicht ohne noch vorher an einer schönen Aussicht zu verweilen und auf eine Stelle im Tal zu zeigen, wo demnächst ein 5+ Sternehotel entstehen soll, mit allem drum und dran. Sogar um die Wasserversorgung der Einwohner muß man sich Sorgen machen, da natürlich auch ein Golfplatz dazu gehört. Im Garten läuft eine von vier Riesenschildkröten herum. Aber die gibt es doch hier gar nicht. Richtig! Sie sind ein Geschenk des Gouverneurs der Seychellen - seinerzeit. Er schenkte sogar noch ein Männchen dazu, damit es Nachwuchs gebe. Bis heute hat es nicht geklappt. Wahrscheinlich sind es alle Männer.

Der Palst hat 52 Zimmer. Alle drei Jahre wird der Gouverneur ausgetauscht. Der neue wäre sehr eingebildet, meinen die Eingesessenen. Der alte hatte gestattet, daß alle Bewohner St. Hellenas das Haus besichtigen durften. Der neue mag das nicht, obwohl er nur wenige Räume benutzt.

Sehr beeindruckend der Gemüsegarten. Hier wächst wirklich alles, was man sich an Gemüse vorstellen kann. Er ist bestens gepflegt.

Hinten im Wald gibt es ein Grab zu sehen. Es ist das Grab von einem Sklavenpaar, daß seinerzeit im 18. Jhdt. im Palast beschäftigt war. Es trägt Grabsteine mit Inschrift, was ganz ungewöhnlich ist. Um Sklaven wurde sonst wenig Aufhebens gemacht. Sie wurden einfach verscharrt. Warum das in diesem Fall anders war, habe ich nicht herausbekommen. Die Erklärungen des Fahrers waren mehr als nebulös. Angeblich sollen sie gute Köche gewesen sein - naja....

Zu guter letzt fahren wir, sozusagen zum krönenden Abschluß, bei einer Schnapsbrennerei vorbei. Es werden verschiedene Schnäpse hergestellt, wie z.B. Gin, Rum, Vodka etc. Die Anlage kommt aus Deutschland, aus dem Schwäbischen. Der einzige Brand aus lokalen Früchten ist ein Kaktusschnaps. Schmeckt auch nicht schlecht. Die Flasche ist besonders hervorstechend, da sie die Form einer Treppe hat. Dieses soll die Jakobsleiter symbolisieren. Die Jakobsleiter geht von St. James in gerader Linie 761 Stufen nach oben zu dem dortigen früheren Fort. Ans obere Ende fährt uns der Chevy. Ein paar Leute steigen aus und gehen die Jakobsleiter hinab in den Ort. Ich habe sie später im Ort getroffen, mit schlotternden Knien. Sie würden das nicht noch einmal machen - so anstrengend. 

 Schnapsbrennerei auf St. Helena

Wieder im Ort, sehen wir, daß das Postschiff eingelaufen ist. D.h. es ankert, wie wir, vor der Küste. Diesen Anblick wird es ab Anfang 2016 nicht mehr geben. Dann wird der Fährverkehr eingestellt. Alles soll über den neuen Flughafen abgewickelt werden. Man darf gespannt sein. Das Foto ist also ein Dokument!

Nachdem unser Blister von einer Nähstubeninhaberin repariert worden ist und die Wäsche bei der einsamen Witwe abgeholt wurde, stocken wir noch die Vorräte auf und dann gehts ab nach Brasilien.

Ach ja, ein paar Postkarten habe ich auch noch geschrieben und abgesandt, was sonst nicht meine Art ist. Hoffentlich wissen die Adressaten, welchen Schatz sie da in Händen halten, denn eine Postkarte aus St. Helena - die gibt es nicht oft.  

                                                     

                                                       Postschiff vor St. Helena

                                                                                                                                                                                                    

21. Februar 2015 bis 08. März 2015

Törn: St. Helena - Fernando de Noronha (Brasilien) (125. Etappe der Weltumsegelung der ATAIR)

Strecke: 1731 sm

Crew: Wolfram und Sven

Wir starten um 12:20 h Ortszeit. Es nieselt. Als wir aus dem Windschatten der Insel hervorkommen, haben wir einen 15 kn - Wind aus SE. Wir legen einen Kurs von 292° an und laufen unter ausgebaumter Genua. Die See ist ruhig.

Am nächsten Tag nehmen wir die Fock dazu und fahren Schmetterling. Auf der ATAIR immer eine angenehme Segelweise. Die ATAIR läuft ruhig dahin und es gibt wenig Arbeit. Dafür sorgt aber Sven, als er einen Mahi Mahi fängt. Aus seiner Sicht ist er zu klein. So wird er wieder dem Meer übergeben. Mir kommt das entgegen, denn schon wieder tagelang Fisch - das halte ich nicht durch.

Die nächsten Tage laufen wir stets mit 5-6 kn SOG (speed over ground). Eigentlich könnte es mal aufhören zu nieseln. Wir stellen die Nachtwache auf 2 x 4,5 h um, damit man nicht jede zweite Nacht 2 Wachen machen muß.

Am 25.02. geht der Pussers Becher über Bord, weil ich ihn nicht festgehalten hatte. Der Pussers Becher hat seit den 90er Jahren mich begleitet, um oft den sundowner darin anzumixen. Er war von den British Virgin Islands und hatte die täglichen Trinksprüche der Royal Navy darauf. Besonders hat mir der vom Samstag gefallen: "To our wives and sweatharts. May they never meet."

Vom 26.02. bis 02.03. segeln wir mit dem Parasailor bis in der Nacht zum 03.03. starke squalls mit Regen aufkommen. Die Wellen sind durcheinander. Sie kommen mit 2 m aus NE, SE und SW. Da Hartwig in seiner Wettervorhersage das angekündigt hatte, heißt die Welle ab sofort "Hartwigsche Welle".

Am 26.02. bricht uns noch die Schotrolle der Genua an Backbord weg, durch die auch der Niederholer des Parasailors läuft. Glücklicherweise habe ich einen Ersatz an Bord. Was man nicht alles dabei haben muß!

In der Nacht zum 03.03. kommen wieder Sturmvögel zur Übernachtung an Bord. Manche schlafen ein und fallen  um. Dann müssen sie sich wieder aufrappeln und neuen Halt finden.

Wir sehen die Positionslichter von "Vinga". Über Funk verabreden wir, uns am Tag auf hoher See zu treffen.

Nach dem Monduntergang breitet sich der herrliche südliche Sternenhimmel über uns aus. Der Anblick läßt uns viele Mühen und Gefahren vergessen. Er ist immer wieder überwältigend.

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03. März 2015

Treffen mit SY Vinga auf hoher See

Auf Position 07° 56,367´S, 024° 04,759´W treffen wir "Vinga". Troy von der Vinga wirft eine Verbindungsleine herüber. Sven muß mehrere Fender an der Leine befestigen, damit sie nicht unter unser Ruder gerät. Dazu springt er mehrfach mutig ins Wasser. Wie wir noch sehen werden, ist das nicht ganz ungefährlich. Graham holt mich mit seinem Plastikkanu ab. Die See ist ruhig, hat aber einen aufkommenden langgezogenen Schwell.  

Troy wirft Verbindungsleine                                                               Sven waghalsig                           

Auf der "Vinga" sind wir zu einem üppigen Mal mit Wein eingeladen. Die Wiedersehensfreude ist riesig groß und wir fühlen uns alle wohl. Manchmal schwankt die ATAIR ziemlich stark in dem stärker werdenden Schwell.

Auf der "Vinga" herrschen strenge Regeln. Raucher Troy muß von Bord, wenn er eine rauchen will. Dazu paddelt er mit dem Plastikkanu etwas weg. Dabei muß ihn eine "Spanische Galeere" (Qualle) getroffen haben, denn nach Rückkehr klagt er über Schmerzen am linken Arm, und man sieht auch eine starke Rötung. Seine Freundin eilt                                    

ATAIR wird mit SY Vinga über eine Leine verbunden                        Opulenter Empfang auf SY Vinga

 

    

 Gourmet Lunch mit selbst gefangenem Wahoo        Vinga-Skipper Graham mit Frau Ann

 

 mit Eis herbei. Ich wende ein, daß das falsch sei. Man muß die Stelle mit heißem Wasser übergießen, damit die Giftstoffe zerstört werden. Gesagt, getan und binnen kurzem ist der Schmerz weg. Troy bedankt sich überschwenglich und ist zur Trennung der beiden Segelschiffe wieder einsatzbereit. Aber wie kommen wir zurück auf die ATAIR. Sven schwimmt natürlich. Graham bringt mich mit dem Plastikkanu. Der Schwell und das Schaukeln der ATAIR hat zugenommen. Die Badeplattform schlägt heftig aufs Wasser. Der zweite Anlauf zum an Bord gehen, mißlingt, und ich falle ins Wasser. Leider ist die Badeleiter nicht heruntergelassen. Bloß weg von der aufschlagenden Badeplattform. Graham gelingt es die Leiter herunterzuklappen, und ich kann an Bord. Zum Glück war weder für Sven noch für mich eine "Spanische Galeere" zur Stelle. Diese Biester haben sehr lange Tentakeln und können eine Art Segel aufstellen und so überall hinsegeln. Sieht hübsch aus.

Ein Gruß an die "Vinga", und binnen kurzer Zeit haben wir uns aus den Augen verloren. Wir sehen uns in Fernando wieder!

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Wir haben kaum Wind und die etmale von mehr als 100 sm gehören der Vergangenheit an. Wir machen lediglich 54 sm! Nachts kommen wieder zwei Boobies (Tölpel) an Bord. Langsam müssen wir mal eine Übernachtungsgebühr einführen.

In der Nacht zum 05.03. reißt die Genuaschot an Backbord. Der Baum schwingt gefährlich hin und her. Es gelingt uns aber die Genua einzurollen und den Baum zu bergen. Ansonsten haben wir eine schöne Vollmondnacht.

Unser AIS meldet immer wieder Frachter in unserer Nähe. So z.B. die "Amethyst". Ein anderer fährt von Panama nach Singapur. Und schließlich hellt sich unsere Stimmung auf, als eine ganze Horde Delphine um unser Boot tobt.

Wir nähern uns Brasilien und sehen nachts über dem Festland Wetterleuchten. Ein Gewitter kommt in unsere Nähe und wartet mit Blitzen und Regen auf. Danach totale Flaute. Trotzdem machen wir 135 sm etmal. Da hilft wohl ein Strom mit.

In der Nacht zum 08.03. sehen wir viele Gewitter über dem Festland. Es sind noch 139 sm to go. Bei herrlichem Sonnenschein am 08.03. legen wir uns mit 6 - 7 kn Fahrt ordentlich ins Zeug, um noch vor Einbruch der Dunkelheit in Fernando de Noronhas anzukommen. Das gelingt auch.

Um 18:50 h fällt der Anker vor Fernando de Noronhas.

                            

 

08. März 2016 bis 13. März 2016

Tage auf Fernado de Noronhas

Hier ankert man vor einer herrlichen Kulisse, die an Bora Bora erinnert. Einen solchen Sehnsuchtsstellenwert hat Fernando de Noronhas für Brasilianer. "Einmal im Leben" muß man dort gewesen sein, so sagen es die Besserverdienenden. Um uns ein Bild von der Sehnsuchtsinsel zu machen, hat Sven schon einen VW-Buggy besorgt. Eigentlich ein Zweisitzer, aber Ann und Graham von der "Vinga" haben auf der Lehne der Rückbank auch noch Platz. Sie müssen nur aufpassen, daß sie bei Bodenwellen nicht hinauskatapultiert werden. Wir kommen in den historischen Ort, früher wohl mal der Hauptort. Auf dem Marktplatz stehen Kanonen aus dem 1. Weltkrieg, die noch mit Pferden gezogen wurden. Das Pflaster ist auf jeden Fall historisch. Der Buggy verschwindet fast in den riesigen Schlaglöchern. Nach einem kurzen Mittagessen in einer einigermaßen erschwinglichen Hausküche, wollen wir unbedingt an den Strand.

Dort fällt uns gleich eine Hütte auf, die offensichtlich auch Getränke bereit hält. So treffen wir auf Jürgen.

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Jürgen

Jürgen sieht ein wenig aus wie Jürgen Drews. Er wohnt z.Z. in dieser Hütte eines Freundes, die natürlich illegal hier steht. Jürgen ist mit einer Einheimischen von der Insel verheiratet. Sie hat ihn rausgeworfen, denn das Haus gehört ihr. Was ist passiert? Wie allgemein üblich auf der Insel, lädt jemand, der Geld hat, seine Nachbarn, Verwandte und sonst wen, der gerade vorbeikommt zum Essen und Trinken ein. Das ist so Usus. Jürgens Frau jedoch, machte das jeden Tag und so gingen die Geldreserven dahin. Jürgen wagte dann ein kritisches Wort zu sagen, und schon war er vor der Tür. Jetzt lebt er an diesem wunderbaren Strand und schenkt Getränke an vorbeikommende Gäste aus, bis die Behörden mal wieder die Hütte abreißen, weil sie nicht genehmigt ist.

Jürgen hat einen tollen Arbeitsvertrag mit dem TÜV in München. Er muß dort im Sommer arbeiten und ist zuständig für Neuzulassungen von Motorrädern. Da er ein solcher Experte ist, hat sein früherer Chef sich auf diesen Vertrag eingelassen, nach dem Motto 1/2 Jahr arbeiten - 1/2 Jahr frei. Es war selbstverständlich auch das Ziel, die Personalkosten zu senken.  Sein neuer Chef wollte das ändern, aber da war eben dieser Vertrag, der bis zur Verrentung gilt.

Jürgen meint, daß sich das mit der Frau schon einrenken wird und außerdem wäre es schön, hier am Strand zu leben und die Sonne und das Meeresrauschen zu genießen.

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Als wir ein wenig am Strand entlanglaufen, fällt uns eine Betonplatte auf. Jürgen erzählt uns, daß zur Zeit der Cruise Missiles die Amerikaner hier eine Abschußrampe dafür hatten. Man mag sich kaum vorstellen, daß die Welt bis in den hintersten Winkel aufgerüstet war. Ist es heute anders?

An einem der Tage, entschließe ich mich, einen Tauchgang zu machen. Dafür gibt es einen Diveshop am Strand der Anlegestelle für Dinghis. Ich zeige brav meinen Tauchpaß aus Mannheim vor und der Tauchleiter, fällt fast auf den Rücken: keine Eintragungen von Tauchgängen, nur der vom Grundkurs. Wie tief ich denn schon getaucht sei. Antwort: So ca. 1m. -  Waaaas? - Ja, bis zur Schraube meines Segelbootes.  Ich verschweige, daß ich auch in Tao (franz. Polynesien) getaucht bin. Das würde ihn völlig verwirren.

Trotzdem darf ich mit. Der Tauchleiter weicht mir nicht von der Seite. Das hat den Vorteil, daß ich Fische und Schildkröten sehe und einen Blick in das Innere eines Wracks werfen darf, wo es nur so von Fischen wimmelt. Das alles entgeht dem Sven. Er ist ja schon ein erfahrener Taucher und darf allein tauchen.

Kein Zweifel, Fernando de Noronhas ist eine sehr schöne Insel, und man sollte nicht daran vorbeisegeln. Mit der Südsee kommt sie aber dann doch nicht mit.

 

  

Ankerplatz vor Fernando de Noronhas mit SY Vinga                       Strand auf Fernando de Noronhas

13. März 2015 bis 15. März 2015

Törn: Fernando de Noronha - Fortaleza (126. Etappe der Weltumsegelung der ATAIR)

Strecke 368 sm

Crew: Wolfram und Sven

Die 368 sm nach Fortaleza auf dem brasilianische Festland machen wir in 63,5 h und erzielen ein Geschwindigkeitsdurchschnitt von 5,8 kn. Der Wind ist günstig aus SSE mit 15 kn, und ein Strom von zeitweise 2 kn hilft mit. Unser Kurs 270°. Sozusagen eine Rauschefahrt. Leider nicht ganz. Ich stelle fest, daß auf Backbord fünf Litzen einer der unteren Wanten gebrochen sind. Mit einer Schelle versuche ich zu stabilisieren. Es hält bis Fortaleza. Sven fängt einen Barracuda, der jedoch gleich wieder ins Meer wandert wegen Gefahr von Ciguatera. Später interessiert sich ein Tölpel für Svens Köder. Immer wieder stößt er auf den Köder hinab, bis er schließlich den Haken im Schnabel hat. So ein Mist. Sven kurbelt den Tölpel heran und der Vogel wird an Bord gehievt. Er ist seltsam ruhig im Gegensatz zu uns. Sven gelingt es den Haken aus dem Schnabel zu lösen und der Vogel fliegt erleichtert davon. Wir sind es auch. Jetzt ist aber mal Schluß mit dem Angeln - wenigstens für heute.

Wir kommen nachts um 03:15 h vor Fortaleza an und werfen unseren Anker im vorgesehenen Ankerfeld. Es ist sehr dunkel. Mit unserem Navionics Programm können wir unseren Standort genau sehen. Das Ding ist Gold wert für Ein- und Ausfahrten. Man muß nicht mehr zur Papierkarte hetzen und umständlich den Standort einzeichnen. Mit dem Programm hat man alles direkt am Steuer parat. Wir machen es so, daß einer von uns die Richtung nach dem Programm angibt und der andere steuert.

Am nächsten Tag verlegen wir in den Marina Park. Es ist ein sehr beweglicher Schwimmsteg, auf dem man sich bei größerem Schwell kaum halten kann. Die Pontons stoßen dann unter lautem Kreischen zusammen.  Man muß rückwärts anlegen (oder wie der Segler sagt "katholisch anlegen"). Das ist mit der ATAIR nicht einfach, weil sie rückwärts nicht gut zu steuern ist, insbesondere wenn starker Wind oder Strömung drücken. Wind ist Null, aber starke Strömung. Wir werfen zuerst den Anker im Hafenbecken und pirschen uns dann langsam an den Steg. Der amerikanische Nachbar und Freundin helfen. Sonst hätten wir es nicht geschafft. Beim zweiten Versuch greifen die beiden die Leine und fixieren die ATAIR. Geschafft.

Wir liegen vor einem Hotel, das mehrere hundert Meter lang ist und wie ein kommunistischer Plattenbau aussieht. Hier hat die deutsche Nationalmannschaft übernachtet, um dann bei der Weltmeisterschaft 7:1 gegen Brasilien zu gewinnen. Das ließ sich unsere Bundesmutti nicht entgehen. Sie hat ebenfalls hier genächtigt.

Die Marina bietet vorzügliche Sanitäranlagen und eine Pool-Landschaft. Herrlich, sorglos schwimmen zu können, und die nächste Caipiringa ist nicht weit.

Es wird davor gewarnt, durch die Straßen zu laufen, da es häufig Überfälle gibt. Wir machen es trotzdem und kämpfen uns am portugiesischen Fort vorbei zum Supermarkt. Das Einklarieren ist im kommerziellen Hafen. Hier folgen wir dem Rat und nehmen ein Taxi. Gerade die Gegend um den Zoll und die dortige Polizeistation ist berüchtigt. Wir werden freundlich einklariert und immer wieder auf das 7:1 angesprochen. Die Taxifahrer sind begeistert von der deutschen Mannschaft, insbesondere Schwoinsteigr und Laaaaahm. Muller geht auch noch.

 

23. März 2015 bis 31. März 2015

Törn: Fortaleza - Kourou/ Franz. Guayana ( 127. Etappe der Weltumsegelung der ATAIR)

Strecke: 1040 sm

Crew: Wolfram und Sven

Nach erholsamen Tagen am Swimmingpool (wenn nur nicht immer die Musik so schrecklich laut wäre), sind wir am 23.03. um 14:00 h beim Ablegen. "Karneval ist doch vorbei" möchte man rufen. Aber ich erinnere mich, daß in Brasilien eigentlich immer Karneval ist.

Am Abend versuchen wir es mit dem Parasailor, aber überall sind Fischerboote und wir müssen Slalom durch sie hindurchfahren. Deswegen holen wir ihn wieder ein. Zusätzlich kreuzt noch eine Erdölplattform auf, hell erleuchtet wie ein Christbaum. Regen setzt ein. Trotzdem schaffen wir dank des starken Stromes, der mit uns ist, 147 sm.

Sven hat eine Erkältung und Kopfschmerzen. Kein Wunder, wenn man sich mit der hübschen Nachbarin, die uns beim Anlegen geholfen hat, nächtelang beschäftigen muß. "Nur nicht neidisch werden", sagt er daraufhin.

Am 26.03. gibt es wieder was zu feiern. Um 22:36 h überqueren wir den Äquator!!!! Die Westposition ist: 43° 39,434´W. Für diesen Fall führen wir brasilianischen Sekt an Bord. Für Sven ist es das erste Mal. Die Äquatortaufe verschieben wir auf den nächsten Tag und lassen sie dann ganz ausfallen, weil alle Hände gebraucht werden, um zu segeln. Der Wind pendelt sich auf 15 kn aus NE ein und wird langsam immer stärker.

In der Nacht zum 28.03. haben wir schönes Segeln, als etwas passiert, was ich noch nicht erlebt habe. Sven pfeift im Schlaf eine Melodie! Am Morgen weiß er nichts davon. Leider habe ich das Kunstwerk nicht aufgenommen.

Sven fängt wieder einen Fisch, einen länglichen. Nach dem Fischbuch ist es ein Trumpeter. Noch nie gehört. Er hat wahnsinnig viel Gräten.

Zwischen Regen und viel Wind fliegt die ATAIR dahin. Ihrem Namen "Fliegender Adler" macht sie volle Ehre. Am 31.03. haben wir ein etmal von 150 sm !!!!

Gegen 15:30 h kommen die Isles de Salud in Sicht und damit die Einfahrt nach Kourou. Vor der Küste ist alles flach, und man mußte einen Kanal sprengen, um in den Fluß hinein zu kommen. Schließlich ist Kourou das Raketenzentrum der EU und alle Teile müssen per Schiff hier angelandet werden. Es gibt eine extra Anlegestelle, an die wir versehentlich andocken. Wir befinden uns in einem von Stacheldraht umgebenen Terrain. Niemand ist da. Als wir an dem leeren Wachhaus angelangen, wird uns mulmig und wir kehren um, legen ab und ankern etwas weiter flußaufwärts. Andere Anlegemöglichkeiten gibts für unseren Tiefgang nicht.

Das Städtchen Kourou bietet nicht viel. Es ist ein verschlafenes Urwaldnest. Niemand weiß wo der Zoll und die Immigration sind, bis schließlich in einer Polizeistation sich herausstellt, daß sie alles zusammen machen. Äußerst freundlich werden wir behandelt und kommen uns wie kleine Könige vor.

Sven hat ein Mietauto aufgetrieben, wir besichtigen die Raketenanlagen. Es ist ein weitläufiges Gelände, in dem die einzelnen Stationen der verschiedenen Sachgebiete weit auseinander liegen. Alles sieht sehr gepflegt aus. Leider sind wir 2 Tage zu spät. Da war nämlich ein Start einer Ariane 5. Diese Rakete ist auffallend klein. Na klar, in der Nähe des Äquators braucht man nicht so viel Schubkraft wie in USA oder Sibirien.

Dann gehts noch schnell nach Cayenne, der Hauptstadt Französisch Guayanas. Auch hier gelassene Tropenstimmung: Es ist brechend heiß. Wir schauen uns noch den Leuchtturm an. Große Schiffe, können hier sowieso nicht anlanden. Vor der Küste liegt ein ausgedehntes Flach. Das war wahrscheinlich der Schutz gegen die räuberischen Engländer.

Als ich nach den Gefängnissen der Vergangenheit frage, weiß niemand Bescheid. Auch nicht, wo sie gelegen haben könnten. Weiter westlich wurden Zigtausende zur Zwangsarbeit Verurteilte von Frankreich hierher gebracht und mußten unter unmenschlichen Bedingungen den Urwald roden, die Edelhölzer herausholen und verladen. Das Schicksal dieser Menschen wurde durch das Buch "Papillon" bekannt, das auch mit Steve McQueen und Dustin Hoffman verfilmt wurde. Wer die Torturen, inkl. die Mißhandlungen des Wachpersonals, nach 20, 30 Jahren überlebt hatte, kam nicht etwa zurück nach Frankreich.  Nein, er kam auf die Isles de Salud (darunter die Teufelsinsel, die durch Hauptmann Dreyfuss bekannt wurde, der hier einsaß). Auch hier wurde der "freie" Häftling scharf bewacht und war Strafen ausgesetzt. Starb er, so wurde er die Klippen hinunter den Haien zum Fraß vorgeworfen. Nur das Wachpersonal erhielt eine Grabstelle.

"Papillon", eigentlich ein Kleinkrimineller, gelang beim zweiten Versuch die Flucht übers Meer mit zwei Säcken, die mit Kokosnußfasern gefüllt waren. Das Buch ist sehr lesenswert.

Als ich 1986 nach Caracas kam, um dort zu arbeiten, lebte "Papillon" noch und zwar im gleichen Stadtteil Altamira, wie meine Familie und ich.

Zurück in Kourou werden am Anlegesteg gerade Riesenwelse zerlegt. Die kenne ich schon vom Amazonas. Das sind wahre Monster. Die Fischer stehen bis zu den Knöcheln in Blut und Fett. Nebendran ist die Verkaufsstelle. Jedoch ist für mich mit Fisch erstmal Sense. Sven war einfach zu erfolgreich beim Angeln.   

 

03. April 2015 bis 09. April 2015

Törn: Kourou - Chaguaramas/ Trinidad (128. Etappe der Weltumsegelung der ATAIR)

Strecke: 681 sm

Crew: Wolfram und Sven

Das soll nun die letzte Etappe der Weltumsegelung der ATAIR werden. Die Strecke ist nicht allzu groß und so sind wir guten Mutes, als wir am Karfreitag aufbrechen. Es ist 1940 UTC, als der Anker auf geht. Wir brauchen geschlagene 3,25 h bis zur Ansteuerungstonne - so ausgedehnt ist das Flach vor der Küste. Mit unserem Programm ist es kein Problem die ATAIR im Kanal zu halten. Die Querströmung ist enorm. Sven gibt die Richtung an. Vor der Ile Royal sehen wir ein kleines Kreuzfahrtschiff liegen. Nach AIS ist es die Hanseatic von Hapag Lloyd auf dem Weg nach Kap Hoorn. Na, die haben noch allerhand vor sich. Dann versinken die Iles de Salud in der Dämmerung. Die Qualen, die die Menschen  hier und auf dem Festland erleiden mußten, werden wir nicht vergessen.

Es gibt wieder Vogelübernachtungen auf Deck. Das Segeln macht wieder richtig Spaß bei 10-15 kn Wind aus E.

Am 05.04. fängt Sven einen kapitalen Mahi Mahi von 1,20 m Länge. Da ist er:

                                        

Am 06.04. durchqueren wir riesige Pflanzenfelder. So ähnlich muß das im Saragossameer aussehen. Kolumbus´ Mannschaft glaubte damals darin stecken zu bleiben.

In der Nacht können wir wieder Polarstern und Kreuz des Südens gleichzeitig sehen! Das wird von Seglern viel zu wenig beachtet. Ist es doch an Zeichen, daß wir auf der Schwelle zwischen Nord- und Südhalbkugel der Welt angelangt sind.

Abends sieht Sven eine Riesenschildkröte von mindestens 2m Durchmesser, weil er sich vorne auf dem Deck herumtreibt - naja, nicht ganz - er arbeitet an den Segeln.

Es gibt viel Schiffsverkehr, und eine Bohrinsel wird an uns vorbeigeschleppt. Es ist schon dunkel, als die ATAIR ihren Kurs von 2007 kreuzt und damit die Weltumsegelung nun wirklich vollendet hat. Es ist 22:32 h Ortszeit.

Leider ist kein Sekt mehr da, und es gibt auch keine Zeit, weil wir es wagen durch die Boca de Monos nach Chaguaramas zu fahren. Unser tabletprogramm machts möglich, aber im Ankerfeld vor der Marina Peakes, muß Sven zum Bug, um uns durch die Ankerlieger zu manövrieren. Da sind wir etwas vom Weg abgekommen. Vor Coral Cove finden wir ein freien Stegplatz, und ich muß mal wieder katholisch anlegen. Eine Reifeprüfung zum Abschluß der Weltumsegelung. Sven hüpft an Land und flugs ist die ATAIR festgemacht. Wir sinken glücklich in die Kojen, Sven, weil er von Bali bis hierher mit mannigfaltigen Erlebnissen segeln konnte und ich, weil die Weltumsegelung Wirklichkeit ist.

Mit Erreichen Trinidads haben die ATAIR und ich die Welt seglerisch umrundet. Es sind 42 497 sm zusammengekommen, ohne die Fahrt von Brisbane nach Sydney und zurück dazuzurechen.

Insbesondere möchte ich mich bei Mia bedanken, die die Strecke von Hamburg über Panama, Galapagos, Tahiti, Niue, Tonga, Neuseeland, Samoa, Wallis, Fiji, Neukaledonien, Australien bis Bali gesegelt ist (über 30 000 sm) und tatkräftig zugepackt hat. Sie hat einen wesentlichen Anteil an dem Gelingen der Weltumsegelung.

Ich danke allen, die uns bei diesem Abenteuer unterstützt haben, insbesondere Hartwig, der mir stets mit Wetter und navigatorischen Hinweisen zur Seite stand.

Auch den verschiedenen Crews, die hier und da angeheuert hatten, sei Dank. Mögen sie mit Freude an die Zeit auf der ATAIR denken.

 

Die sogenannten FAQ  (häufig gestellte Fragen) kann ich jetzt beantworten:

1. Hast Du das Paradies gefunden, wo Du leben möchtest ?

    Nein

2. Welches ist das Land, wo Du am ehesten leben möchtest ?

    Europa

3. Ja, aber irgendwo muß es Dir doch am besten gefallen haben. Wo war das?

    Die Südsee von den Marquesas bis Vanuatu und San Blas/ Panama

4. Und wohin würdest Du nie wieder segeln wollen ?

    Galapagos (wegen des Touristenrummels und der Ausbeuterei) und Australien ( wegen der Immigrationsbehörde und deren Ausbeuterei)

5. Hast Du mal was Interessantes erlebt, z.B. einen Sturm ?

    Die Kunst des Seglers ist es den Unwettern auszuweichen. Ich habe in den 12 Jahren drei Stürme erlebt: 2 vor Anker in Tahiti und Raiatea und 1 auf See bei den Cook Inseln südlich Palmerston.

6. Welches war die unangenehmste Strecke ?

    Der Indische Ozean von Cocos Keeling bis Südafrika

7. Würdest Du nochmal die Welt umsegeln ?

    Wenn ich jünger wäre - vielleicht. D.h. Nein.

 

Achtung!!! Es geht 2016 noch weiter. Bitte nach oben scrollen und 2016 anklicken. Viel Spaß!