Reiseberichte 2003 2004 2005 2006 2007 2008   2009 2010 2011 2012 2013  2014 2015 2017

Der Condor-Flieger spuckt mich am Abend des 04.01.2016 in Tobago aus. Nach einer Wartezeit von 1,5 Stunden in der Paßkontrollschlange hat mich der Zoll am Wickel. Sie haben einen neuen Apparat mit dem sie das Gepäck durchleuchten können. Besonderen Verdacht erregt mein Paket mit dem Windmesser drin. Oh, nicht schon wieder. Ich soll das Paket aufmachen. Ich sage, das wäre zu kompliziert und erkläre, was das für ein Teil ist.  Im Koffer wird die Zylinderkopfdichtung des Motors entdeckt. Nach einigen Diskussionen wird ein gelber Zettel ausgefüllt, den ich in Trinidad beim Zoll vorlegen soll, und dann würde ich schon sehen, was ich an Zoll bezahlen müßte. Sie selbst sind nicht befugt Geld einzusammeln. Zum Glück! Ich verspreche hoch und heilig, der Anweisung nachzukommen. Leider habe ich das dann in Trinidad vergessen. Wie kann man nur so nachlässig sein?!

Der Fahrer von Millers Guesthouse in Buccoo Reef steht draußen und hat mich schon fast aufgegeben, weil alle anderen Fluggäste schon weg sind. In Millers Guesthouse werde ich vom Chef freundlich empfangen. Das Zimmer ist groß und das Bad bestens. Das Fenster geht zum Hinterhof hinaus - kein Meeresblick. Den hat man nur von der schön gelegenen Terasse, die auch das Restaurant ist.

Es ist schwülwarm und so läuft die Klimaanlage die ganze Nacht. So bleiben auch die Moskitos draußen. Die mögen nämlich keine kühle Atmosphäre.

Am nächsten Tag erkunde ich den Ort. Man hat weit zu laufen, bis man an der Hauptstraße ist. Hier sollen auch Busse verkehren. Man kann nicht einfach im Bus bezahlen, man muß schon ein Ticket für 2 TT$ haben. Aber woher? Eine Frau erbarmt sich meiner und schenkt mir ein Ticket. An der endlich gefundenen Bushaltestelle sammeln sich mehrere Fahrgäste, aber kein Bus. Schließlich hält ein Privatauto und die anderen bugsieren mich da hinein, damit es mich zu der Mall bringt, in der es angeblich alles gibt. Sie schärfen mir noch ein, nie in ein Auto mit einem P im Nummernschild zu steigen. Das wären Privatautos, und so sicher wären die nicht. Es muß ein H im Nummernschild sein. D.h. das Auto ist zum Transport von Passagieren zugelassen. Dann gibt es noch das T. Das sind Kleinlastwagen und technische Fahrzeuge. Durch Vergabe des H, hat der Staat die Busse weitgehend abschaffen können. Kostenersparnis für den Staat, nicht für den Privatmann, denn die H´s sind wesentlich teurer. Ich zahle statt 2 TT$ 30 TT$.  Auf der Rückreise habe ich das Glück Mitfahrer zu haben, sodaß der Fahrpreis geteilt wird.

Die Mall ist eine Enttäuschung, wie eigentlich immer. Keine Kunden, die meisten Läden dicht. Der Supermarkt geschlossen. Es gibt jedoch einen "cashdispenser", der funktioniert sogar. Meine Versuche eine SIM-Karte für mein Handy bei Digicel und einem anderen Anbieter zu erstehen, sind nicht von Erfolg gekrönt. Sie funktionieren einfach nicht auf dem Handy aus Südafrika, obwohl ich dort ebenfalls Digicel hatte. Der Konzern möchte wohl neue Handys verkaufen. Auf dem Rückweg habe ich Glück, weil sich eine Fahrgemeinschaft bildet. So wird es billiger. Der Fahrer fährt mich sogar bis vor meine Unterkunft. Ich mache noch einen Besuch bei dem Pferdepflegeheim um die Ecke. Dort sind alte Rennpferde in Pflege. Sie stehen für Kinder zum Reiten zur Verfügung und der Höhepunkte ist, wenn die Pferde mit ihnen Baden gehen. Pferde können schwimmen!! Hier treffe ich Anja, die kein Problem hat die ganze Mannschaft des Pferdestalls 24 h zu unterhalten. Sie ist nicht in ihrem Redefluß zu stoppen. Sie will hier bei den Pferden helfen und so ihren Urlaub verbringen. Nebenbei macht sie noch kleine Kunstwerke. Z.B. hat sie in Berlin aus Pizzakartons irgendwelche Häuschen gebastelt. Der Leser merkt, daß ich es nicht ganz verstanden habe. Die sollen sich auch ganz gut verkaufen lassen. Jetzt denkt sie über Lampen aus Naturmaterialen nach. Ich erzähle ihr, daß ich eine Crew benötige. Sofort fallen ihr Julia und Sebastian ein, und durch ihre Vermittlung treffen wir uns am kommenden Abend.

An diesem Abend schlendere ich zur Übungsstätte der Buccoo Reef Steelband. Ich frage nach George, meinem alten Freund, den ich 1982 im nahe gelegenen Turtle Beach Hotel kennengelernt habe. Er spielte damals in einer Steelband. Später habe ich ihn immer wieder getroffen, wenn ich mit der Familie hier Urlaub gemacht habe und zuletzt 2007, als ich mit der ATAIR hier war. Er wohnt jetzt in Black Rock. Sie versprechen mir, daß sie ihn benachrichtigen, und er sicher morgen Abend da wäre.

Und tatsächlich, plötzlich steht er neben mir - zurückhaltend und freundlich. Natürlich erkennt er mich nicht, aber dunkel erinnert er sich an unsere Treffen über die Jahre. Er ist recht gut gekleidet. Es stellt sich heraus, daß er ein sogenannter "Soldier of culture" ist und mit diesem Amt sich um die Aufrechterhaltung der Steel Band Musik kümmern soll. Dafür erhält er vom Staat ein Gehalt. Was soll ich sagen, die Buccoo Reef Steel Band übt wie besessen und ist Spitze. Sie wird zum Karneval nach Port of Spain fahren und dort an dem Wettbewerb zur Wahl der besten Steelband Trinidads und Tobagos teilnehmen. In der nahegelegenen Bar trinken wir ein paar Bier zusammen und träumen von den Zeiten im Turtle Beach Hotel. "Wir sehen uns in POS wieder! Versprochen!"

Irgendwie treffe ich Julia und Sebastian auch noch an diesem Abend, und wir machen aus, daß sie am 13.02. an Bord der ATAIR kommen sollen, um sich das Ganze anzusehen. Wir wollen dann entscheiden, ob sie mitsegeln.

Ich miete mir ein Auto und fahre nordwärts. Ziel ist Charlotteville. Ohne gute Straßenkarte lande ich immer auf der Ostseite der Insel in der Nähe von Scarborough. Dann erwische ich doch die sehr, sehr enge Straße nach Charlotteville. Dort angekommen, frage ich zunächst die Rentnerbank am Strand und auf deren Rat hin, die Fischer nach "Captain Morgan", denn so hat er sich damals genannt. Dann fällt mir noch "Neville" ein. Kopfschütteln. Dann entdecke ich ein Holzboot, das "Lystra" heißt. Seine Freundin hieß doch Lystra, die, die mit mir ins Wasser gefallen ist.  "Ahhh, you mean Neville! He is fishing."  Ich setze mich auf Lystra und warte. Nach einer Stunde kommt ein Boot herbei und die Fischer gestikulieren, daß das Neville sei.

2007 hatten Mia und ich Captain Morgan und Lystra an der Pirates Bay kennen gelernt. Wir luden sie auf die ATAIR ein. Das kann man hier nachlesen. Zunächst erkennt mich Captain Morgan nicht, aber als ich Lystra erwähne, da dämmerts. Captain Morgan (Neville) ist ziemlich gealtert und ihm fehlen einige Zähne. Wir beiden Alten ziehen uns in eine Strandkneipe zu einigen Carib-Bierchen zurück. Als ich wieder nach Lystra frage, macht er eine wegwerfende Handbewegung - das war wohl nichts mehr. Aber sein Boot heißt noch "Lystra". Er murmelt dann etwas von "sich um die Fische kümmern" und verschwindet. Er sagt noch, ich solle warten. Aber er kommt nicht wieder. Als ich abfahre, schaue ich  bei den Spinden der Fischer nach (jeder Fischer hat hier einen Spind am Strand, direkt neben dem Fischmarkt). Da ist er und bosselt irgendwas rum. Es kommt noch ein freundliches Lächeln und "Good Bye". Ob ihn wohl die Erinnerung gepackt hat, und er seine Rührung nicht zeigen will? Vielleicht hätte ich nicht kommen sollen, denn oft es nicht gut, alte Erinnerungen auffrischen zu wollen. Meistens ist man enttäuscht. Die glücklichen Zeiten lassen sich eben nicht wieder herbeizaubern.

 

2007                                                                                                 2016

Neun Jahre gehen nicht spurlos vorüber

Auf dem Rückweg fahre ich verschiedene Strände und Hotels bzw. Resorts an. Alles leer. Sogar die Strandeinrichtungen sind geschlossen. Es ist niemand da. Ein Öko-Resort, das mitten im Urwald liegt, ist ebenfalls verlassen, obwohl es sehr schön angelegt ist und auch für Familien geeignet wäre. Da hilft auch alles laute Rufen an der Rezeption nichts. Weiter im Süden sind auch zwei Golfplätze völlig leer. Was ist da los? Gibt es keine Touristen mehr, die nach Tobago kommen. Ein wenig kann ich es verstehen, wenn ich an das Preis-Leistungsverhältnis denke.

Am nächsten Tag darf ein Besuch am Pigeon Point nicht fehlen. Es ist der schönste Strand, den Tobago zu bieten hat. Am kleineren Strand der Store Bay finde ich einige Segler mit ihren Dinghis und befrage sie nach den Ankerbedingungen in der Store Bay. Vielleicht komme ich mit der ATAIR, nach ihrem facelifting in Chaguaramas, hierher. Es liegen ein paar Mooringbojen draußen, man kann aber auch ankern. Dann entdecke ich die Kneipe, in der wir 2007 getanzt haben und Petra von Mücken zerstochen wurde. Es gibt immer noch Tanz am Abend.

Pigeon Point ist fast leer. Außer mir sind nur 3 Touristen da. Sogar an dem Kitesurfer Strand sind nur drei Unentwegte. Das Restaurant sowie die Strandeinrichtungen sind geschlossen. Es gibt nur ein Fastfood Bistro. Dasselbe Bild wie überall an der Küste. Das sah damals, als Lucia mit dem schwarzen Mädchen am Strand gespielt hat, anders aus.  Beide haben dauernd miteinander geredet, aber haben sich nicht verstanden - jedenfalls nicht sprachlich. Wir machten damals von Venezuela aus Urlaub auf Tobago. Damals war es voll, voll, voll.

Das letzte (vorletzte*) Frühstück in Millers Guesthouse verläuft so charmant wie immer. Mal fehlt das Salz, dann das  Besteck, auch mal die Butter. " Sorry, my fault", hört man die Bedienung zwitschern und im Tobagogang rollt sie zurück in die Küche. Man kann ihr nicht böse sein. Ein bischen pummelig, aber lieb.

* Wieso "vorletzte"? Das habe ich aus Venezuela. Die Venezolaner sind oft sehr abergläubisch und meinen, daß das letzte (z.B. Frühstück) vor dem Tod sei. Deswegen "das vorletzte".

Am 10. 01. 2016 treffe ich in der Marina Coral Cove/ Chaguaramas ein. Da liegt sie, die ATAIR. Viel Arbeit wartet auf mich.

Ich krame das Klappfahrrad heraus und erkunde die aktuellen Versorgungs- und Reparaturmöglichkeiten. In "Crews Inn" legt gerade ein deutsches Boot an. So lerne ich Toni kennen, der dieses Boot in Guayana von Bernhard gekauft hat, der ebenfalls mit an Bord ist. Bernhard ist immerhin schon 82 Jahre alt, und ich habe das Gefühl, daß er froh ist, das Boot los zu sein. Sie sind von Guayana hierher gesegelt und haben dafür 3 Tage gebraucht. Es ging nicht so richtig vorwärts. Dann fiel noch der Motor aus. Eigentlich war nur der Dieselfilter voll, aber es war kein Ersatz an Bord. Dafür wurde Toni, dessen erster Törn es war, auf hoher See ungesichert auf den Mast gejagt, um einige Leinen zu klarieren. Rettungswesten, Sicherheitsgurte und so´n Kram waren nicht an Bord, weil Bernhard der Meinung ist: "Wenn Du über Bord gehst, bist Du sowieso tot". Bernhard war Lehrer, und Lehrer wissen besser. Es gesellt sich noch der unvergleichliche Whiskey-Werner hinzu und übernimmt die Unterhaltung. Toni und ich verstehen uns sofort und verabreden uns zu einem sundowner.

Irgendwann treffe ich dann Reinhard. Nach einer halben Stunde small talk bei dem sundowner, dämmert uns, daß wir uns schon von 2007 her kennen. Er lag mit seinem Boot damals in der "Humming Bird Marina" direkt vor der "Wheel House Bar", die es auch heute noch gibt. Mit an Bord war damals seine Freundin Erika. Und als ich frage, wie denn ihr Freund hieß, sagt Reinhard "Ja, das bin ich". So kann es gehen. Jedenfalls ist die Dreierrunde komplett, und wir treffen und helfen uns gegenseitig in den nächsten Tagen und Wochen. 

 

 

Reinhard (links) und Toni beim sundowner in Coral Cove

Leider ist Nigel Barker, der "Painter", nicht mit den Arbeiten fertig geworden, die er in meiner Abwesenheit erledigen sollte. Zwar erstrahlt das Cockpit in neuem Glanz, aber der Boden innen ist nicht fertig, bzw. gerade mal angefangen. Wir besprechen die Streichaufgaben der nächsten Tage und Nigel legt los. Seine Arbeitsweise ist jedoch gehemmt, weil er auf mehreren Booten gleichzeitig Aufträge übernommen hat. Auch wenn er zeitweise zwei Leute zusätzlich an Bord hat, fehlt es an der Koordination, und Nigel vergißt öfter etwas.

Meine Arbeitsliste sieht wie folgt aus:

Radar reparieren, Haul in organisieren, Reinigung Dieseltank organisieren,Wäsche, Seifenhalter Bad reparieren, Iridium in Betrieb nehmen, Wetterwelt in Betrieb nehmen, Duogen Wind- und Watermode auswechseln, Gas auffüllen, Segel zur Reparatur, Kurzwelle i.B. nehmen, SIM Karte Handy kaufen, Dieselkanister kaufen, Großreff einfädeln, Dinghi reparieren, Anoden abmontieren, Welle ölen, Roststellen markieren, Windmesser installieren, stehendes Gut kontrollieren usw.

Manche Dinge können nicht erledigt werden, wie z.B. das Radar, das niemand reparieren konnte. Die Geschäfte wollen einfach nur neue Geräte verkaufen. In dem Zusammenhang kann ich nur davor warnen ein Koden-Radar zu kaufen. Der Service ist weltweit sehr spärlich vertreten und völlig inkompetent. Sogar die Zentrale in den USA weiß nicht, wo Port of Spain liegt. Reinhard und ich fragten nach einem Servicepunkt in Trinidad, Port of Spain, wohin wir uns wenden könnten. Daraufhin gab uns die Zentrale in USA die Adresse des Generalvertreters in Spanien! Wir brauchten erstmal eine Zeit, bis wir darauf kamen: Port of Spain.

  

Blick auf Chaguaramas vom Mast der ATAIR*                                               Die ATAIR vom Masttop aus gesehen*

Am 13.01. kommen Julia und Sebastian an Bord. Sie helfen wirkungsvoll mit, die ATAIR möglichst schnell ins Wasser zu bringen. Sie richten sich in der Vorkoje ein. Eine der ersten Aufgaben ist, den Windmesser auf der Mastspitze anzubringen. Julia und ich kurbeln Sebastian hoch, und er macht die obigen Aufnahmen. Bis zur Julia auf Deck sind es immerhin 16 m. Der Windmesser funktioniert einwandfrei. Auch unser Wind-/ Wassergenerator (Duogen) wird von Sebastian mit mitgebrachten, neuen Getrieben versehen. Ebenfalls gelingt es ihm in der Werkstatt einen Mechaniker zu überreden, die abgebrochene Arretierstange des Duogenmastes zu schweißen.

Bei all der Arbeit darf ich nicht das Halbfinale der Steelbands in POS vergessen. Toni ist mit dabei. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist es schwierig zum Savannah Park zu kommen, dem Ort des Geschehens. Wir schaffen es bis zum Busbahnhof. Anschließend müssen wir ca. 3 km bei sengender Hitze durch die sonntäglich leeren Straßen von POS laufen.

Die Steelbands sind schon am Üben und Warmspielen. Zur Tribüne hin ist alles abgesperrt und man muß Eintritt bezahlen. Die billigste Karte kostet 350 TT$ ( ca. 80 €). Wir sind platt. Wie können sich die Einheimischen das leisten? Wir machen da nicht mit. Es ist viel spannender zwischen den Bands herumzulaufen und mit ihnen sprechen zu können. Auf der Suche nach der Buccoo Reef Steel Band, sehen wir eine Band, die den Namen "Katzenjammers" trägt. Sie kommen auch aus Tobago. Wie kamen die auf den Namen?

Die Buucoo Reef Band ist in voller Aktion und spielt gut wie immer. Früher haben nur Männer in den bands gespielt. Heute gibt es einen großen Frauenanteil. Kein Zweifel: die machen das gut. Ob dick oder schlank, hübsch oder häßlich - die Damen hauen rein, daß einem die Skippermütze wegfliegt.

Wir begleiten die Buccoos bis zum Eingangstor und wünschen viel Glück. Es hat geholfen. Beim Halbfinale haben sie den zweiten Platz belegt!

George habe ich leider nicht wieder gesehen. Er saß wahrscheinlich in der Jury auf der Tribüne.

 

       

 

Eines Tages bin ich mit Toni in POS unterwegs. Er ist sehr optimistisch, daß wir bei Digicel in der Westmall eine SIM-Karte für mein Handy kaufen können, die auch funktioniert. Die Mall ist leer. Im ersten OG befindet sich der Digicel-Laden. Die Damen dort sind nach eigener Aussage nicht zuständig, man müsse sich an den Stand im Parterre wenden. Der ist aber noch zu, sodaß wir gezwungen sind eine Kaffeepause einzulegen. Den Kaffee gibts auch nicht überall, jedenfalls nicht dort, wo Café dransteht. Nach einer Stunde wagen wir uns an den Parterrestand von Digicel. Eine sehr große, sehr schlanke junge Dame hält sich an einer Stange fest, als Toni sie anspricht. Sie antwortet ihm über die Schulter, daß sie nicht zuständig sei. Wir sollten ins erste OG gehen. Dabei zieht sie sich weiter die Stange hoch, um dann in eine Kniebeuge zu gehen. Wir sind sehr stark an das beliebte Poledancing in Nachtclubs erinnert. Vielleicht kommt sie gerade da her? Eine andere Kollegin tut so, als ob sie gar nicht dazu gehört. Wir lassen noch eine "nette" Bemerkung über das Geschäftsverständnis Digicels ab. Das kümmert die Poledancerin nicht, und sie schmiegt sich weiter an ihre Stange. Frustriert werfen wir uns in den Lebensmittelmarkt, um ein kleines Erfolgserlebnis zu haben.

Karneval ist eine schwere Zeit. Der/Die Teilnehmer/-in muß seine/ihre ganzen Reserven investieren, um durchzuhalten. Es geht mehrfach die ganze Nacht durch und nahtlos in den nächsten Tag. Kein Wunder, daß wir am Faschingsdienstag bei der Abschlußparade mehrere Erschöpfungszustände beobachten konnten. Ein Mädchen wirft entnervt ihr Drahtgestell mit Federn weg, was Julia mitnimmt und jetzt wahrscheinlich ihre Wohnung in Deutschland ziert.

Zuvor machen Julia und Sebastian noch einen Besuch in Tobago. Wir sind mit den Arbeiten so gut vorangekommen, sodaß es kein Problem gibt. Es hängt nur noch an Nigel, ob wir den Haul in-Termin am 03.02. schaffen. Mit hängender Zuge und mit Sonntagsarbeit erreicht Nigel den Termin. Am 03.02. erstrahlt die ATAIR in altem Glanz und wird ins Wasser gesetzt.

                                                                            

                                                                               *

 

Am 06.02. ist zwar das Finale der Steelbands, aber wir gehen nicht hin. Die Buccoos belegen den vierten Platz. Enttäuschend. Ja, wenn wir nicht dabei sind....

Rosenmontag (06.02.) ist "painting day". In den Straßen POS laufen alle mit Farbtöpfen bzw. Farbsprays herum und versuchen andere "anzumalen". Julia und Sebastian sind dabei. Es geht die ganze Nacht durch, und am Morgen fährt man zum Strand (5 h im Stau!!!!), um sich abzuwaschen. Das hat bei Julia nur halb geholfen. Ihr Haar ist leuchtend Grün. Das wächst sich raus - sagt man.

Am Faschingsdienstag wird ein Transport in die Stadt organisiert. Wir laufen bei Mittagshitze zur Parade und Judith aus unserer Gruppe becirct einen zahnlosen Alten auf einem Musiktruck, sodaß wir alle mitfahren dürfen. Klasse! Zu trinken gibts reichlich und da der truck nur im Schritttempo voran kommt, kann man absteigen und die weitere Versorgung sicherstellen. Die Stimmung ist ausgesprochen gut.  Die Kostüme sind z.T. außerordentlich ausgefallen und ein Farbenfeuerwerk. Eine spektakuläre Besonderheit: die Stelzenläufer. Auch hier sind Mädels mit dabei. Alle Achtung!

 Einige Mädels sammeln sich auf unserem truck, weil sie ziemlich erschöpft sind. Als wir bei der Jury (ja, auch hier gibts Punkte) vorbeikommen, müssen sie aber nochmal zum Tanzen raus, um einen möglichst guten Eindruck zu machen. Auch wir brechen in ungezügelte Heiterkeit aus, damit der Truck viel Punkte von der Jury bekommt.

   

Nachdem wir am Ende der Parade in der Nähe des Busbahnhofs angekommen sind, machen die jungen Leute noch weiter. Reinhard und ich klinken uns aus. Der zahnlose Alte organisiert ein Auto. So richtig wissen wir nicht mehr, wie wir nach Hause gekommen sind. Das war mein erster Trinidad-Karneval.

                                                          

   

         

      v.l.n.r. Sebastian,Julia,?,Wolfram*                                                            v.l.n.r. Julia,Wolfram,Reinhard*

            

         Titi-Schönheiten*                      v.l.n.r. Reinhard,Julia,Wolfram*                                               Stelzenläufer

Am Aschermittwoch ist alles vorbei - nicht in Trinidad. Alle strömen zum Strand zu einer Wasserparty. Dabei sollen vordergründig die Sünden der letzten Tage abgewaschen werden. Einige müssen das mißverstanden haben, denn sie nehmen die Waschung inwendig vor und zwar mit alkoholischen Getränken.

Ich kann mich dazu nicht aufraffen und auch Julia und Sebastian haben noch genug von dem Stau am Farbentag.

So können wir uns ganz auf die Vorbereitung der Abfahrt nach Grenada vorbereiten.

    

15. Februar 2016

Törn: Chaguaramas - Scotlandbay/Trinidad

Strecke: 4 sm

Crew: Wolfram, Julia und Sebastian

Der erste Schlag nach Grenada ist nur kurz. Ich möchte unbedingt der Crew die Scotland Bay zeigen. Es ist nach wie vor ein hervorragender Ankerplatz an der Affenpassage. Leider hören wir die Brüllaffen nicht. Einmal nachts ein leises Röcheln. Das kann jedoch auch was Anderes gewesen sein. Julia und Sebastian machen am Abend noch einen langen Schwimm. Das klare Wasser lädt geradezu dazu ein. Ich halte mich zurück (einer muß ja am Boot bleiben!)

 

16. bis 17. Februar 2016

Törn: Scotland Bay - St. George/ Grenada

Strecke: 85 sm

Crew: Wolfram, Julia und Sebastian

Es gibt eine Nachtfahrt. Der Anker geht um 15:45 h hoch. Wir nutzen noch den Ebbstrom in der Boca de Monos aus. Dann wird es ruppig bis wir die verschiedenen Strömungen vor der Küste durchquert haben. Es gibt Böen aus SW. Der Strom setzt von E nach W. Besonders angenehm sind die Bedingungen nicht. Als es dunkel wird, ist es um Julia geschehen. Sie wird seekrank. Eigentlich hätte sie Wache. Nun gut, ich übernehme die Wache und Julia kann sich in der Koje flach hinlegen. Das hilft auch in diesem Falle.

Um 00:00 h kommt Sebastian planmäßig auf Wache. Da es aber sein erster Nachttörn ist, bleibe ich noch im Cockpit. Zwar nicke ich ab und zu ein, bin aber schnell zur Stelle, wenn´s brennt. Zwischendrin beobachten wir das herrliche Meeresleuchten, das durch die ATAIR ausgelöst wird. Einen leuchtenden Schleier zieht sie hinter sich her. Meine Wache von 03:00 h bis 06:00 h mache ich dann auch noch. Ist ja nur eine Nacht.

Morgens kommen wir planmäßig in der Lagune von St. George an. Ankern kann man hier nicht mehr, wie vor neun Jahren. Es ist eine große neue Marina auf der Südwestseite entstanden. Dort liegen die Megayachten und ein sehr großer Segler, der offensichtlich Grenadas Regierung gehört. Dann gibt es den nördlich gelegenen "Stadthafen". Hier finden wir einen Platz und legen einfach an. Wir werden vertrieben, weil wir uns nicht angemeldet haben! Schließlich findet sich doch noch ein Plätzchen, wo wir ruhig liegen können. Während die Crew wieder fit ist, brauche ich etwas Schlaf. Einklariert wird später.

Mit einem Minibus machen wir uns auf den Weg zu einer Rumdestille, die aus dem 18. Jhdt. stammt. Und so sieht sie auch aus. Mal abgesehen davon, daß die Anlage in die Jahre gekommen ist, könnte man sie wenigstens instand halten. Wir beginnen den Rundgang bei der Zuckerrohrquetsche. Die Führerin betont, daß sämtliches Zuckerrohr aus eigenem Anbau und von Kleinbauern der Umgebung stammt. Die Quetsche wird mit Wasserkraft betrieben. Ein schönes, altes Wasserrad treibt die Zahnräder an. Die Pflanzenfasern werden in einem Ofen zur Feuerung der Kessel zur Konzentrierung des Zuckersaftes verwendet. Als wir dort vorbeikommen, gibt es eine Verpuffung, und der Arbeiter vor dem Ofen hat wahnsinniges Glück, daß er von den heißen Gasen nicht getroffen wird. Irgendwie hat er es kommen sehen, denn er duckt sich rasch weg.

In offenen Bottichen wird der Zuckersaft aufkonzentriert. Hier wird auch "gemessen" wieviel der Farmer für sein Zuckerrohr bezahlt bekommt. Das hängt vom Zuckergehalt und Menge des Saftes ab.

 

 

Der nächste Schritt ist die Gärung. Die Führerin betont, daß diese offenen Betonbehälter neu investiert seien. Nebendran steht noch ein historischer Bottich aus Holz. Meine Frage, warum die Behälter offen seien, wird mit der Notwendigkeit des Sauerstoffs der Luft für die Gärung begründet. Dadurch würden die Gärbakterien schneller wachsen.

Naja, es ist eigentlich genau umgekehrt. Würde man die Luft ausschließen z.B. in geschlossenen Behältern mit Gärröhrchen, damit das gebildete Kohlendioxid entweichen kann, würde man höhere Ausbeuten erzielen. Seit Inbetriebnahme der neuen Behälter ist die Alkoholausbeute stark zurück gegangen. Kein Wunder. Außerdem bilden sich unerwünschte andere Alkohole, die den Geschmack beeinflussen. Auch Methanol kann entstehen, und davon wird man blind.

Bei der Destillation trifft mich der nächste Schlag. Die Führerin weiß nicht, wo das/die Thermometer sitz(t)en. Wozu braucht man die überhaupt?  Ich finde dann 2 Thermometer, die aber nur eine Skala von 10° Differenzen haben. Oje, da kann kein guter Rum rauskommen. Da hilft auch nicht, daß bei der Verkostung zuerst der 85%ige angeboten wird. Er schmeckt auch in niedriger Konzentration einfach scheußlich. Keiner der Touristen und auch wir nicht, kaufen eine Flasche. Die "Führung" war teuer genug. Ich glaube, daß sie durch die Touristen von den Kreuzfahrtschiffen mehr Einnahmen haben, als durch den Rum. Nichtsdestotrotz war es schön, eine solche alte Anlage von 1785 gesehen zu haben. Kein Wunder, daß die Menschen von damals keine hohe Lebenserwartung hatten.

Da Julia und Sebastian noch ein bischen wandern wollen (ein Vulkansee hat es ihnen angetan, obwohl man da nicht baden darf) schlendere ich die 4 km bis zur nächsten Straßenkreuzung, wo der Bus vorbeikommen soll. Zum Glück ist dort ein Kiosk, der mich meine gesunkenen Flüssigkeitsreserven wieder auffüllen läßt. Die schwarze Mami ist sehr besorgt um mich und stellt schon das zweite Bier hin. Tatsächlich da hält ein Bus. Mami zeigt was vokal in ihr steckt und deutet auf mich als potenziell Mitreisenden. So wartet der Bus, bis ich mein Bier ausgetrunken habe, und die Fahrgemeinde nimmt mich wohlwollend auf. Ein letztes Winken zu Mami hinüber. Wir scheiden als Freunde.

  

Die Produkte v.l.n.r.: 85%, 45%, 20%(Mango), 20%(Fruit Punch)

Nach dem Umsteigen in Grenville, lasse ich mich am Grand Etang See rauswerfen. Es ist schon 16 Uhr und keine Touristen mehr da. Der See ist ein Kratersee eines ehemaligen Vulkans. In der kühlen Luft auf 300 m Höhe läßt sich der Spaziergang zum See als Erfrischung erleben. Zu dieser Zeit wird kein Eintrittsentgeld mehr verlangt. Der See liegt ruhig, von Schilf eingerahmt, vor der Hügelkulisse. Kolibris umschwirren Bananenblüten. Ungewohnte Stille umgibt mich und läßt tief durchatmen.

Zurück an der Straße, will ich gerade bei der noch verbliebenen Straßenhändlerin etwas kaufen, als sie mich auf den Bus aufmerksam macht. Bemerkenswert: sie verzichtet auf das Geschäft, nur damit ich den Bus nach St. George nehmen kann.

Julia und Sebastian kommen sehr spät auf die ATAIR. Der See war wohl nicht so spektakulär und zum Wasserfall "Seven Sisters" hat man sie nicht gelassen, weil es Privatgrund ist!           

 

22. Februar 2016

Törn: St. George - Halifax Harbour/ Grenada

Strecke: 7 sm

Crew: Wolfram, Julia und Sebastian

Wir legen um 13:05 h ab. Wir sind schon in der Lagune, als der Dockmaster mit seinem Dinghi herbeieilt und weitere 100 EC$ von mir fordert. Ich schicke Julia mit, um das im Büro zu klären. Wir kreisen in der Lagune, als Julia mit einer Abrechnung zurückgebracht wird. Die stimmt zwar nicht, aber jetzt nochmal anlegen, ist auch nicht optimal. Also verlassen wir langsam die Lagune. Als wir schon fast aus der Einfahrt hinaus sind, hören wir ein Pfeifen. Es ist der Dockmaster, der mit seinem Dinghi hinter uns herkommt. Wir stoppen. Als er an der ATAIR anlegt, entschuldigt er sich mehrfach und gibt mir die 100 EC$ zurück. Das wäre falsch berechnet gewesen. Ich bin sehr positiv überrascht. Wirklich ehrliche Leute!

Halifax Harbour ist kein optimaler Ankerplatz. Der Grund fällt ziemlich schnell auf 20 m Tiefe und mehr. Wenn man sozusagen am Hang ankert, besteht immer die Gefahr, daß der Anker ins Rutschen gerät und man dann keinen Halt mehr hat. Außerdem überspannen Starkstromleitungen große Teile der Bucht, sodaß man nicht näher am Ufer ankern kann. In der Bucht gibt es praktisch nichts - nur Natur und die Mülldeponie der Stadt St. George.

Wir haben auch mit dem Wind kein Glück. Starke Fallböen zerren an der ATAIR. Ich bleibe deshalb an Bord, als Julia und Sebastian wieder auf Wanderschaft gehen. Sie wollen unbedingt einen hohen Berg besteigen. Sie machen auch in den nächsten Tagen noch Ausflüge, während ich die freie Natur und den Qualm der Mülldeponie genieße. Andere Segler schauen nur kurz für eine Übernachtung vorbei.

Immerhin schaut ein schönes Foto von der ATAIR in Halifax Harbour heraus:

                                                                                

                                                                                                            Atair in Halifax Harbour*

Die auf dieser Seite mit * versehenen Fotos sind von Julia und Sebastian gemacht worden. Vielen Dank für die Überlassung.

 

 

25. Februar 2016

Törn: Halifax Harbour - Corn Store Bay/ Ronde Island

Strecke: 16 sm

Crew: Wolfram, Julia und Sebastian

Diesmal gibt es einen Törn von 16 sm. Die Corn Store Bay ist wenig spektakulär. Man kann zwar an dem schmalen Strand anlanden, aber mehr kann man auch nicht machen auf Ronde Island. So bleiben wir an Bord und erfreuen uns an Wind und Welle, sowie nachts an dem schönen Sternenhimmel.

26. Februar 2016

Törn: Corn Store Bay - Tyrrel Bay/ Carriacou

Strecke: 15 sm

Crew: Wolfram, Julia und Sebastian

Wieder eine verhältnismäßig kurze Strecke führt uns in die Tyrell Bay auf der Insel Carriacou. Hier sind viele Segler vor Anker, die etwas Karibik schnuppern wollen und eine Pause brauchen. In einer kleinen Marina an der Südseite finden wir den Zoll und die Paßkontrolle. Alles läuft äußerst zügig, problemlos und freundlich ab. Endlich haben wir auch wieder gutes Internet in der Cafeteria der Marina. Die sanitären Anlagen dürfen wir auch nutzen.

Sebastian eröffnet mir im Laufe der Tage, daß er und Julia nach Deutschland zurückkehren müßten, weil es bei ihm zuhause familiäre Probleme gäbe. Einen Flug hätten sie auch schon und morgen müßten sie von Bord. Das ist eine Überraschung für mich und nicht besonders angenehm, weil ich nun wieder zum Einhandsegler werde. Bei den vielen Riffen, Fischerbojen und dem regen Schiffsverkehr, wären mehr Augen an Bord nicht verkehrt. Die Wasserung des Dinghis und die Montage des Außenborders sind ebenfalls mit 2-3 Händen besser und sicherer zu bewerkstelligen. Nun, was soll man machen. Ich bringe die beiden noch an Land, ein (vor)letztes Winken und dann Tschüs.

So ist das Seglerleben: es gibt immer Überraschungen - positive und negative.

Am Abend treffe ich eine Seglercrew beim Bier am Strand, die aus Villingen-Schwenningen kommt. Sie laden mich auf ihr Boot ein, und ich habe tatsächlich eine Zuhörerschaft, die sich für die Weltumsegelung interessiert. Natürlich darf bei den Erzählungen die Kehle nicht austrocknen. Die Vorräte auf dem Boot sind reichlich!!

Anderntags statte ich der Hauptstadt Carriacous, Hillsborough, einen Besuch ab. Die Hauptstraße ist quirlig und es gibt Markt. Von einem der Bars der Wasserlinie kann man Sandy Island sehen. In dem Sprachgebrauch der damaligen Catamaran Crew (Skipper Thomas), heißt diese Insel Herberts-Island, weil Herbert unbedingt dahin wollte. Sie wurde durch den Hurrikan Iwan völlig entwaldet. Die schönen Palmen waren 2007, als wir mit der ATAIR vorbeikamen, alle weg und es war nur eine Sandbank übrig. Inzwischen nimmt der Bewuchs wieder zu, wie man auf dem Foto(s.u.) sehen kann.

 

                                                         

                                                                                 Hillsborough/ Carriacou                                                                                          Sandy Island (Herbert Island) vor Carriacou

Ich lasse mir noch die Haare bei einem Friseur an der Hauptstraße professionell für ca. 3 € schneiden, und dann bin ich bereit zum nächsten Törn nach Union.

02. März 2016

Törn: Tyrrel Bay - Union Island

Strecke: 12 sm

Crew: Wolfram

Es ist ja nicht weit. Bei einem Kurs von 344° und 15 kn Ostwind kann ich wunderbar mit Groß und Fock segeln. In 2,5 h bin ich dort und fest an einer Boje. Jungs in einem Motorboot machen die ATAIR an der Boje fest.

Union hat sich mächtig rausgemacht. Es gibt einen ständigen Markt und viele neue Restaurants und  Bars. Auch die alte Lambi Bar gibt es noch. Sie scheint allerdings ziemlich aus der Mode gekommen zu sein. Es gab keine Steelband und keine Gäste an den Tagen, an denen ich mal reingeschaut habe. Auch die Bar ist ziemlich verschlafen und konnte dem Wunsch nach einem kühlen Bier erst nach mehreren Bersorgungsgängen nachkommen.

Man könnte Union eigentlich auslassen, aber es ist nun mal Ein- und Ausklarierungshafen für die Grenadinen und St. Vincent. Die Boje kostet immerhin 20 € für 2 Tage, sodaß ich gleich weiter möchte.

   

Bojenplatz vor Union                                                                                                                       Lambi Bar/ Union

 

04. März 2016

Törn: Union Island - Mayreau

Strecke: 11 sm

Crew: Wolfram

Also auf nach Mayreau, gleich um die Ecke, aber durch einen sehr bewegten Kanal. Viele Strömungen laufen hier durcheinander, sodaß man den Motor besser anläßt. Die Riffe sind nicht weit. In diese Gegend kommt fast jeder Segler in der Karibik, weil hier die Tobago Cays mit ausgedehnten Riffen liegen. Ein schönes Gebiet zum Tauchen und Schnorcheln. Ich bescheide mich diesesmal mit einer Mooringboje in der saltwhistle bay der Insel Mayreau und kann die Segler sehen, die sich auf den Ankerplätzen der Tobago Cays drängeln.

Mein Bojenplatz ist sehr schön mit Blick auf die Palmen am Strand. Mit dem Dinghi ist es nicht weit und nach einem Rundgang weiß man auch wo die netteste Bar liegt. Sie liegt ganz am Ende des kleinen Dorfes und wirbt damit, daß sie die letzte Bar vor dem Dschungel sei. Die Wände sind vollgeklebt mit originellen Postern. Bob Marley ist auch hier das Idol. Er hat mal gesagt: Das Gute an Musik ist, wenn sie Dich ergriffen hat, hast Du keine Schmerzen mehr!

In einem ummauerten Becken hält der Barmann die gefangenen Langusten, die er vom Grill anbietet. Die Abfälle verzehren zwei Riffhaie, die ebenfalls in dem Becken leben. 2007 habe ich mal eine Languste gekostet. Nun nach 9 Jahren will ich es wieder tun. Der Bojenmann Fordy hatte mich dazu eingeladen. Sein rustikales Lokal liegt etwas abseits vom Strand. Die ganze Familie ist dort beschäftigt. Die Tochter ist die Bardame, die Frau die Köchin. Es wird auf offenem Feuer bzw. Grill gekocht. Wenn die Mücken nicht wären, könnte es richtig romantisch sein. Trotzdem ist die Languste vorzüglich und ansonsten ist man sowieso mit "Tropical Strength" ausgerüstet.

Fast alle Leute hier wohnen eigentlich auf St. Vincent. Sie kommen nur in der Saison hierher, um etwas Geld zu verdienen. Mit dabei ist auch eine junge Schwedin, die etwas mithilft, aber sonst einen ziemlich verkifften Eindruck macht. Sonst wäre auch nicht zu erklären, warum sie in den fensterlosen Einraum-Hütten der Einheimischen übernachtet. Eine Hütte trägt den Spruch: Get rich or die !

An einem Abend treffe ich noch eine Chartercrew aus Nordhorn/ Emsland. Irgendwie sind sie im Stress, da die Damen wohl an Bord nicht kochen, und sie nun stundenlang auf ihr Essen in dem einzigen Resort Mayreaus warten müssen. An den einheimischen Garküchen finden sie wohl keinen Gefallen. So ist der Fisch trocken, der Salat labbrig und das Ganze schmeckt nach Krankenhausküche.

Sie wollen noch unbedingt in die Tobago Cays, bevor sie wieder nach Martinique zurückkehren. Im Gespräch weise ich darauf hin, daß in den nächsten Tagen Wind und Welle aus NNE kommt - und nicht wenig. Der Skipper will auch sofort am nächsten Tag aufbrechen, aber die Damen setzen sich mit den Tobago Cays durch. So kommt es, daß ich schon seelenruhig in Bequia an einer Mooringboje liege, als anderntags die Nordhorner ebenfalls festmachen, an Land hetzen, Mittag essen und dann wieder ablegen. Dabei haben sie keine Zeit herrüber zu grüßen. Der NNE hatte übrigens schon eingesetzt, und die über 100 sm bis Martinique waren nun nur noch mit Motor und über Nacht zu bewältigen. Ich hoffe, daß es für die Mannschaft gut ausgegangen ist. Komfortabel war es sicher nicht, gegen Wind und Welle zu geigen. 

  

                                                                                                                 

                                                                                                                                                                                            Blick auf die Tobago Cays

 

06. März 2016

Törn: Mayreau - Canouan

Strecke: 6 sm

Crew: Wolfram

Schon geht es weiter. Auf Canouan war ich noch nie. Die Charlestown Bay ist ein sehr schöner Ankerplatz mit gutem Halt. Charlestown selbst ist ein Dorf mit zwei kleinen Supermärkten und einem überdachten Gemüsemarkt. Der Besitzer des einen Supermärktchens bedankt sich überschwenglich, als ich ihn darauf aufmerksam mache, daß das Brot in der Auslage verschimmelt ist. Versehen mit 2 x 5 l Behältern Trinkwasser, spricht mich aus einem Jeep heraus eine jüngere Frau an, ob sie mich mitnehmen könne. Na sowas !  Sie ist Kanadierin und arbeitet als Hausdame bei einem reichen Engländer, der den ganzen Hügel bei Charlestown aufgekauft hat und nun dort in seiner Villa hockt. Sie hat alles zu organisieren. Beim Supermarkt wird nur angeschrieben - bezahlt wird später.Sie macht den Job jetzt 3 Monate. Ich lehne das Angebot dankend ab. Schließlich brauche ich auch etwas Bewegung.

Am Ankerplatz liegt das schöne Hotel "Tamarind". Auch hier gibt es nur wenige Gäste. So kann ich mir den Sitzplatz zum Einnehmen des vorzüglichen Mango-Daiquirie frei aussuchen. Ich suche mir ein Sofa aus, daß mir einen Blick auf die ATAIR gestattet.

 

 

Ankerplatz Charlestown Bay/ Canouan                                                                         Tamarind - Hotel

 

08. März 2016

Törn: Canouan - Bequia

Strecke: 21 sm

Crew: Wolfram

Als ich von Canouan aufbreche ist es 0700 Uhr. Es nieselt und der Wind ist bei 4 kn aus E. Der Schwell kommt mit 0,5 m aus WNW. Unterwegs verstärkt sich das Nieseln zum Regen und es gibt Böen bis 20 kn aus NE. Also mal wieder gegenan. Bei der Einfahrt der Bucht von Bequia begrüßt mich ein gestrandeter Frachter, der nun seinem Schicksal als Wrack entgegenrostet. So kann man auch Riffe bauen! Ich komme noch an der ankernden "Picton Castle" vorbei, ein älterer Dreimaster, den ich schon von St. Helena und Fernando de Noronhas kenne. Ein schönes Schiff, daß die Tall Ship Tradition hoch hält.

Ich bin schon um 1050 Uhr fest an einer Boje vor der Whale Bone Bar in Bequia. Zwei Jungs mit Motorboot helfen mir und kassieren natürlich gleich die 10 US$/ Tag für die Boje. Ich lasse das Dinghi zu Wasser und rudere an Land. Es ist nicht weit zum Steg. Gegenüber 2007 hat man die ganze Küstenzeile befestigt, und man kann auf einem Weg bis in das Städtchen laufen.

Die Whale Bone Bar ist gut besucht, während das 2007 stark frequentierte Frangipani Hotel, leer ist. Durch die Befestigung ist kaum noch Sand da, in dem man früher seine Füße ausstrecken konnte. Erst wenn man bis zu dem Gemüse- und Obstmarkt am anderen Ende des Strandes läuft, findet man die Müllsammelstelle. Etwas umständlich, aber man kann sich gleich mit frischem Obst und Gemüse eindecken.

Am nächsten Tag klariere ich ein. Es ist irgendein Feiertag und so fängt der Zoll eine Stunde später an zu arbeiten. Die Crews der neu angekommenen Boote warten geduldig auf der Treppe vor dem Zollamt. Alles läuft sehr freundlich ab, aber um die Gebühr für overtime kommen wir nicht herum. An den Straßenrändern kann man Andenken und Handarbeiten erwerben. Dabei sind auch geschnitzte Walknochen, sowie größere Objekte, wie Walwirbel. Die Händler zeigen mir stolz ihre Zertifikate, als ich ihnen erkläre nichts kaufen zu wollen, weil mir die Knochen in Deutschland vom Zoll abgenommen würden. In der Tat bin ich etwas überrascht, daß man Walknochen so frei anbietet und finde es auch nicht gut. Schließlich kommen in den letzten Jahren die Buckelwale wieder in die Karibik. Da sollte man das Abschlachten nicht unterstützen.      Frangipani Hotel

                                                                                                                                                                     

   

Whale Bone Bar

In der Whalebone Bar kann man dann auch besichtigen, wie geschmacklose Möbel aus Walknochen hergestellt werden. Hier treffe ich Ian, "SY Naomi", wieder. Wir lagen zusammen in der Marina Coral Cove/ Trinidad. Unser gemeinsames nächstes Ziel ist die Rodney Bay auf St. Lucia. Wir beschließen gemeinsam zu segeln.

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ian 

Ian ist schon einige Jahre unterwegs und war/ ist Londoner Taxifahrer. Er hatte sich vorgestellt, immer wieder nach London zurückzukehren und seine Finanzen durch Taxifahren aufzubessern. Das ist ihm aber nun nicht mehr möglich, weil die Fa. Uber mit ihrer Geschäftsstrategie, die traditionellen Londoner Taxis praktisch beseitigt hat. Besonders stößt Ian dabei auf, daß die Chefin von Uber in England Patentante von den Kindern Camerons (britischer Premier) ist.

Ian hat viele Geschichten auf Lager. So z.B. die Geschichte, als er Dianas Nanny nachts zum Kensington Palast gefahren hat, ohne es zu bemerken. Diana kam auch heraus und verabschiedete ihre Nanny. Auch Diana erkannte er nicht. Bei einem Durcheinander, weil er unbedingt schnell zu einem anderen Auftrag fahren wollte, verfing sich Dianas Kleid in der Taxitür. Diana mußte dann einige Meter neben dem Taxi herlaufen, bevor Ian das Malheur bemerkte. Erst als die Nanny am Ziel das Taxi verließ, erfuhr er von ihr, daß das Diana war.

Ein anderes Mal holte er eine schwedische Gesellschaft ab, die gut angeheitert war, und fuhr sie zu einem Hotel, welches für hohe Staatsgäste benutzt wird, aber eher unscheinbar aussieht. Dieses mal erkannte er, daß es sich um Carl Gustav von Schweden und seine Frau Sonja handelte. Carl Gustav fiel beim Aussteigen auf den Rücken. Er breitete die Arme aus und rief " Oh, the king of Sweden is drunk " Alle lachten und er rappelte sich wieder auf. Später erzählte Ian diese Geschichte einem schwedischen Fahrgast. Die Frau bezichtigte Ian der infamen Lüge. Das gäbe es nicht, daß der schwedische König betrunken sei.

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ian und ich hören von dem Überfall in der Wallilabou Bay in St. Wincent, bei dem vor einer Woche nachts ein deutscher Segler erschossen und der Skipper schwer verletzt wurde. Wir beschließen auf St. Vincent nicht Halt zu machen und bis St. Lucia durchzufahren. Bisher haben wir immer St. Vincent liegen lassen, wegen der Gefährdungen dort. Ich hatte schon vor dem Mord in Mayreau die Leute von St. Vincent gefragt, wo man an der Westküste sicher ankern könnte. Infrage kommen da die Wallilabou Bay und die Cumberland Bay. Sie warnten mich eindringlich, nicht in der Wallilabou Bay zu ankern, das wäre nicht sicher. Als Ironie des Schicksals kann man ansehen, daß hier ein Teil des Films "Fluch der Karibik" gedreht wurde.   

      

   Traditionelles Haus in Bequia                                                                    Das Dinghi der ATAIR

Über das Dinghi und seinen Außenborder muß auch mal ein Wort verloren werden. Der Außenborder war beim Kauf der ATAIR 2002 ganz neu. Inzwischen hat er einen eigenen Charakter und seine Eigenarten, tut aber seinen Dienst bestens. Das Dinghi stammt aus Brisbane von einem englischen Segler, der dort am Känguru Point auf seinem Boot lebt. Es war ein Notkauf, da das inzwischen dritte Dinghi nicht mehr reparierbar war. Endlich ein Dinghi mit Aluboden!

Beide sind unentbehrlich, vor allen in Gebieten, in denen es "nur" Ankerplätze gibt. Wie soll man sonst an Land kommen? Gerade in Australien ist Schwimmen nicht angesagt (Krokodile und tötliche Quallen).

Eines Mittags machen dann die Nordhorner neben mir fest. Sie eilen zum Essen an Land und legen dann wieder ab. Ja, der Starkwind kommt und die Welle wird ruppig werden. So bleibt keine Zeit, mich zu grüßen, obwohl ich noch hinüberrufe. Sie sind im Streß. Hoffentlich sind sie gut in Martinique angekommen.

 

                                                                                                        

                                                                                                                                                                             Abendstimmung vor Bequia                                                                                         

14. März/ 15. März. 2016

Törn: Bequia - St. Lucia/ Rodney Bay

Strecke: 73 sm

Crew: Wolfram

Ich breche um 1245 h auf. Ian möchte erst am Abend starten. Er kann es sich leisten, da er ein schnelleres Boot hat. Ich möchte aber auch noch im Hellen an der Mordbucht vorbei. So habe ich Kingstown, die Hauptstadt St. Vincents, schon um 1445 h querab.

Auf Höhe der Wallilabou Bay kam ein einheimisches, offenes Motorboot mit 3 Mann an Bord bis auf 10 m an die ATAIR heran. Derjenige, der am Motor saß, fragte, ob ich nach Wallilabou Bay fahre. Ich verneinte, gab aber nicht an wohin ich fahren wollte. Sie fragten dann noch nach der Cumberland Bay, eine Bucht weiter nördlich. Nach einem abermaligen "Nein", fuhren sie dann weiter. Es war auffallend, daß alle drei nagelneue Rettungswesten trugen, was für Einheimische ganz ungewöhnlich ist. Ich war auf alles vorbereitet. Womöglich wollten sie mich dann fragen, ob ich 1 oder 2 Leute mit in die besagten Bays nehmen könnte. Dann wären sie mit meiner Zustimmung auf dem Boot gewesen, und ich hätte mich nicht wehren können. Vielleicht war es aber auch ganz harmlos?

                                                                   

                                                                                                       Wallilabou Bay/ St. Vincent

In der Abenddämmerung bin ich an St. Vincent vorbei und etwas erleichtert. Auf dem AIS sehe ich Ian einige Meilen hinter mir. Während der Nacht kommt er immer näher. Wegen der Schwellrichtung und wegen des NE-Windes kann ich mal wieder den Kurs nicht halten und gerate zu weit westlich. In der Nacht muß ich dann korrigieren und kann dann in der Dunkelheit die beiden Pitons St. Lucias ausmachen. Auch       ist nicht zu übersehen: hell erleuchtet.

Kurz vor dem Hellwerden erschüttert ein gewaltiger Schlag die ATAIR, so als ob sie auf einen Holzbalken aufgefahren wäre. Die Geschwindigkeit verändert sich jedoch nicht und Wassereinbruch habe ich auch nicht. Die Wassertiefe beträgt mehr als 200 m.  So setze ich die Fahrt bis zur Dämmerung fort. Als ich achtern hinausschaue sehe ich, daß die ATAIR eine Leine mit diversen leeren Kanistern und Plastikflaschen hinterher zieht. Ich bin also in eine Fischermooring gefahren. Offensichtlich ist die Leine nicht in die Schraube geraten und die Reste sind am Ruder hängen geblieben. Ich beschließe, die Fahrt fortzusetzen und in Rodney Bay nach dem Schaden zu sehen.

Um 0745 h fällt der Anker in der Rodney Bay. Wenig später ist Ian da und ankert in der Nähe. Ich schnorchele zum Ruder. Die Fischerleine mit den diversen Plastikkanistern und -flaschen läßt sich leicht entfernen. Ich finde auch ein Stück Leine hinter der Schraube. Wahrscheinlich hat die Schraube die Leine durchgetrennt. Ich habe viel Glück gehabt, daß sich die Leine nicht um die Antriebswelle gewickelt hat.

In der Rodney Bay war ich zuletzt 2007. Mia, Walburga und Horst waren mit von der Partie, und ich erinnere mich, wie Horst und ich zum Fort Rodney hochgestiegen sind. Dort hat man einen wunderbaren Blick auf das Meer und Martinique.

Zusammen mit Ian klariere ich ein. Danach geht es ins Cafe, natürlich in eins, das freies internet hat. Schließlich muß man ja nach dem Wetter gucken, oder? Wir erkunden die Einkaufsmöglichkeiten. Ian braucht noch eine SIM-Karte. So fahren wir mit einem bewährten Minibus zum Einkaufszentrum. Digicel hat noch nicht geöffnet - wie immer. So vertreiben wir uns die Zeit bei einem Kaffee und im Supermarkt. Ian bekommt seine SIM-Karte nicht. Warum soll es ihm anders gehen, wie Toni und mir.

Der Wind nimmt in den nächsten Tagen zu, und die ATAIR zerrt am Anker. Wenn tatsächlich der Wind und die Welle mal nachlassen, sind sofort meine Freunde mit den Jetskis da, um die fehlenden Wellen wieder zu erzeugen.

Die Tage vergehen mit kleinen Reparaturen, Besuchen im Internetcafe und Einkäufen im nahe gelegenen Baumarkt. Endlich kann ich mir neue Hammer kaufen, die sämtlich zerbrochen sind.

Landausflüge mache ich nicht, denn wir haben 2007 die Insel intensiv erkundet. Damals waren wir schon z.B. von der Marigot Bay enttäuscht und besser wird es nicht geworden sein.

So warte ich auf bessere Bedingungen, um den Kanal zwischen St. Lucia und Martinique zu queren.  

 

                                                                                                        

                                                                                                           Abendsimmung in der Rodney Bay/ St. Lucia

 

     

22. März 2016

Törn: Rodney Bay - Martinique/ St. Anne

Strecke: 25 sm

Crew: Wolfram

Zunächst geht es friedlich los. Ich setze noch in der Bay das Groß (vorsichtshalber mit 1.Reff) und die Fock. Als ich den Schutz von St. Lucia verlasse, kommen die sqalls mit Regen und 25 kn Wind aus NE. Die Welle steigt auf 3 m an. Es geht, wie schon bei den letzten Überfahrten, voll gegen an. Ich tröste mich damit, daß es ja nur 25 sm bis zum Ziel sind. Und so bin ich um 1345 h vor St. Anne/ Martinique. Auch hier liegen jede Menge Fischerbojen. Der erste Ankerversuch neben einem Boot aus Bremen mißlingt. Der Boden ist von Seegras überdeckt und hat nur wenige Sandflecken. Beim zweiten Versuch erwische ich einen solchen Sandfleck. Wenn man allein auf der ATAIR ist, ist das Anker auf - Manöver immer beschwerlich, weil man während des Vorgangs ins Innere des Bootes muß, um die Kette im Ankerkasten zu ordnen. Sie verstopft sonst das Fallrohr. Wenn man unten ist, kann oben alles mögliche passieren, z.B. daß das Boot an ein anderes treibt. Als ich beim zweiten Mal an Deck erscheine blicke ich in die angstgeweiteten Augen eines kanadischen Skippers, der schon das Schlimmste für sein Boot befürchtet. Die ATAIR ist aber noch 20 m weg, und ich kann den Anker letztendlich hoch holen und einen besseren Ankerplatz suchen.

St. Anne ist ein kleines französisches Dorf, so wie man es sich vorstellt. Es gibt alles: Post, Bürgermeisteramt, Kirche, Bäckerei (Baguette, Croissants etc.), Kneipen, alten Bahnhof ( ja, hier gab es mal Bahnverkehr), Metzgerei, Cafés, Friseur, Lebensmittel, Buchladen, Markt. Das Anlegen am Steg ist etwas beschwerlich, weil man eine Leiter hinauf muß. Dafür ist das Einklarieren kinderleicht. Man klariert hier online ein! In einem Cafe gibt es eine Station, an der man online ein Formular ausfüllt und ausdruckt. Das wird dann vom Cafe-Besitzer für 2 € unterzeichnet. Hervorragend!

Der Bus nach Le Marin fährt von der Kirche ab. Sinnvollerweise steht das nirgends und auch die Abfahrtszeiten sind tabu (Ich entdeckte sie später im Bus!). Man kann die Haltestelle vielleicht daran erkennen, wenn sich einige Leute an einer bestimmten Stelle einfinden, von denen man annehmen kann, daß sie sonst keinen Grund haben dort herumzulungern. So setzt sich ein Mann mit zwei Krücken neben mich auf die Kirchentreppe und schimpft auf die Unpünktlichkeit der Busse.

Von dem Busfahrer werde ich in Le Marin Zentrum rausgelassen. Es gilt noch den Hügel hinabzuwandern, und dann ist man in der sehr großen Marina. Im Büro melde ich mich für den 30.3. an.  

 

30. März 2016

Törn: St. Anne - Le Marin

Strecke: 4 sm

Crew: Wolfram

Die 4 sm bis in die Marina Le Marin laufen ohne Zwischenfälle ab. Nur der Dockmaster ist nicht im Bilde, und ich muß ca. 1/2 Stunde im Hafenbecken kreisen, bis er alles auf der Reihe hat und die ATAIR in einen Platz einweisen kann. Der Platz ist im alten Teil der Marina, dort wo die Charterboote liegen. Vermutlich sind wir in den 90er Jahren hier mit Thomas gestartet.

Überraschenderweise treffe ich Judith wieder (Karneval Trinidad), die hier bei einer Charterfirma arbeitet. Wie immer ist sie voll im Streß. Sie ist sehr an Fotos und Videos vom Karneval interessiert, da ihr Fotoapparat "abhanden" gekommen ist. Judith lebt zusammen mit ihrem Freund auf einem Segelboot vor Anker.

Am 31.3. hole ich Bernd vom Flughafen ab. Die Verspätung der Air France Maschine beträgt nur 1,5 h. Schon am nächsten Tag beginnen wir unsere Rundfahrten auf dem Südteil der Insel. Dabei ist auch die Caravelle Halbinsel mit der Ruine des Chateau Dubuc. Die Dubucs residierten hier von 1671 bis 1852. Ihr Reichtum begründete sich auf Sklavenhandel und -arbeit. 2007 war der Ort noch sich selbst überlassen. Heute ist es ein Kulturdenkmal und man muß Eintritt zahlen. Leider wird in den Beschreibungen, die Arbeit der Sklaven kaum erwähnt. 2007, als Mia und ich uns auf einer ausgedehnten Wanderung durch die Sümpfe zu der Ruine vorgekämpft hatten, wurde noch auf Tafeln auf den Dubuc´schen Sklavenhandel hingewiesen. Das wird heute verschwiegen. Während die Ruine schön mit EU-Geldern restauriert und konserviert wurde, hat man das Sklavendorf nicht wieder aufgebaut. Man begründet das damit, daß man nichts gefunden habe. Tja, so ist das - Armut hinterläßt keine Spuren. Trotzdem weiß man genau, wie so ein Dorf ausgesehen hat. Wahrscheinlich haben die Gelder nicht ausgereicht.

                                                                                                                                                            

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Chateau  Dubuc *

Wir finden auch das Bananenmuseum und bekommen einen Eindruck davon, wie beschwerlich und risikoreich der Bananenanbau ist. Es gibt Bananen zum Verkosten. Umsonst!! Naja, bei dem Eintrittsgeld von 8 € kann man sich das leisten. Auf einem "Lehrpfad" können wir Bananenstauden aus aller Welt besichtigen. Es sind nur einige der über 200 Arten. Im Museum werden auch die medizinischen, esoterischen und religiösen Wirkungen der Banane eindrucksvoll dargestellt. Auch die Blätter wurden in vielfältiger Weise von den Medizinmännern der alten Kulturen eingesetzt und ihre heilende Wirkung heute durch die moderne Medizinforschung bestätigt.

Ein weiterer Ausflug führt uns zu dem Strand "Les Salines", der nach wie vor ein wunderbarer Ort ist, um sich in der Hängematte zu wiegen und aufs Meer zu schauen.

Wir besuchen auch die Strände vor dem Diamand Rock, ein beeindruckender Felsen vor der Küste, der sogar mal von den Engländern erobert wurde. Man kann sich nicht vorstellen, wie die Soldaten auf dem schroffen Felsen gelebt haben. Wir entdecken an der Küste eine 35° C warme Quelle, die einst von Fischern ummauert wurde und so ein kleines Schwimmbecken ergibt. Leider haben wir kein Badezeug dabei.

Obwohl die Küste sehr belebt ist, finden wir kaum ein Restaurant, daß keine laute Musik hat , dafür aber einen schönen Ausblick. Andere Gaststätten sind geschlossen. Dinner gibt es sowieso erst ab 19 Uhr. Schließlich haben wir doch noch eine Gaststätte gefunden, mit Blick auf Fort de France, die Hauptstadt Martiniques. Auch der einsetzende Regen hält uns nicht davon ab hier zu bleiben und u.a. einen Ti-Punch zu uns zu nehmen.

Diamond Rock *

 

04. April 2016

Törn: Le Marin - St. Pierre

Strecke: 30,2 sm

Crew: Wolfram und Bernd

Nachdem wir den Südteil Martiniques ausreichend erkundet haben, starten wir nach St. Pierre, der früheren Hauptstadt Martiniques. Als wir seewärts am Diamandrock vorbeifahren, setzten starke Strömungen und Kreuzwellen ein. Wir sehen, daß es besser gewesen wäre zwischen Festland und Diamandrock hindurch zu fahren. Schließlich kommen wir auf die Leeseite Martiniques und die Lage beruhigt sich.

Der Ankergrund vor St. Pierre ist stark abfallend und außerdem durch ein Sperrgebiet eingeschränkt. Das dreieckige Sperrgebiet umfaßt die Stelle, an der zahlreiche Schiffe bei dem Vulkanausbruch 1902 gesunken sind. St. Pierre macht im Stadtbild den Eindruck die Katastrophe von 1902 immer noch nicht überwunden zu haben. Man kann nicht nachvollziehen, daß Paul Gauguin St. Pierre einmal als "Paris der Karibik" bezeichnet hat.

Bernd gelingt es, einen Autoverleih ausfindig zu machen. Ein längerer Fußmarsch dorthin durch die sengende Sonne ist nicht zu vermeiden. Wir starten gleich zur Erkundung der Nordinsel, und der erste Halt ist auf der Hütte, die der Beginn des Bergwanderweges auf den Vulkan Pelé ist. Ein schöner Blick auf karibisches Meer und Atlantik belohnt uns. 

Wir starten durch auf die Nordostseite Martiniques. Auf dem Weg zum Ende der Straße kommen wir an der Rumdestillerie J.M. vorbei. Auch diese Fabrik wurde Ende des 17. Jhdts. gegründet, ist aber in einem modernen und sehr guten technischen Zustand. Die Destillationskolonne ist ca. 10 m hoch und verspricht eine saubere Trennung des Äthylalkohols von den Nebenprodukten. Leider findet auch hier die Gärung in offenen Behältern statt.

Am Ende der Straße finden wir einen kleinen Schutzhafen (gut zu wissen!) und einen Imbiß. Nachdem vor uns eine Reisegruppe abgeräumt hat, bleibt nur das "Chicken" noch für uns. Dafür dauert es dann auch länger, bis wir es erhalten. Auf dem Rückweg beginnt es aus allen Kübeln zu regnen. Wir nehmen noch eine spezielle Abkürzung und wundern uns noch, daß es so viele trockene Flußdurchfahrten gibt. Dann stehen wir aber plötzlich vor einem 100 m breiten Fluß, der die Straße überspült und zu einer Stromschnelle umfunktioniert hat. Auch wenn einige Einheimische munter drauf los fahren (das Wasser kommt fast zu den Türen herein), drehen wir doch lieber um.

Ich möchte dann noch die Hazienda finden, in der ich 1999 meinen Geburtstag zusammen mit Mia gefeiert habe. Es ist ein schönes Gebäude mit Wandmalereien und einer vorzüglichen Küche. Aber wir finden sie nicht. Schade!

Der Ankerplatz vor St. Pierre ist wahrlich nicht zu empfehlen. Zu den beschriebenen Schwierigkeiten kommt noch ein ständiger Schwell, der das Leben an Bord unangenehm macht.

                                                                                  

                                                                                                                                                                  Verkehrschild in der Nähe der Rumdestille J.M.*

 

 

06. April bis 07. April 2016

Törn: St. Pierre - Dominica/ Portsmouth

Strecke: 55 sm

Crew: Wolfram und Bernd

Deshalb brechen wir hochmotiviert nach Dominica auf. Da die 60 sm bis an die Nordwestseite Dominicas doch etwas weit für einen Tagestörn sein könnten, entscheiden wir uns für einen Nachttörn. Es geht um 16:50 h mit schwachem Westwind los und verstärkt sich dann zu einem 20 kn Ostwind an der Südseite Dominicas. Ab und zu schauert es. Es ist einer dieser Törns, bei denen man das Ziel schon sieht, aber nicht näher zu kommen scheint. Ein Blick auf die Anzeige beruhigt uns. Wir sind mit 5,5 kn über Grund unterwegs. Am frühen Morgen haben wir die Prinz Rupert Bay bei Portsmouth vor uns. Schon kommt uns ein Einheimischer mit einem Motorboot entgegen und leitet uns zu einer Mooringboje. Wirklich guter Service. Die Gebühr für die Boje beträgt 10 US$, welches ein vernünftiger Preis ist. Nachdem wir uns noch etwas ausgeruht haben, ist das Dinghi schnell zu Wasser gelassen. Quer über die Bucht müssen wir zu Zoll und Immigration fahren. Dafür kann man bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als 14 Tagen, in einem Schritt ein- und ausklarieren. Das ist fortschrittlich! Man sagt der langjährige Ministerpräsident habe das erfunden.

Auf dem Rückweg erkunden wir noch den Indian River. Hier kann man sich flußaufwärts fahren lassen Am Ende der Tour gibt es ein Cafe. Bernd hat jedoch schon einen Autoverleih ausfindig gemacht, der auch hier liegt. Wir bekommen ein schönes geländegängiges Auto, und das brauche wir auch. Der Hurrikan "Erika" hat weite Teile der Infrastruktur Dominicas im vergangenen Jahr zerstört. Viele Brücken sind einfach weggerissen worden und ganze Straßenteile verschwunden.

Unsere erste Tour führt über den Nordteil Dominicas. Dominica ist eine grüne Insel mit abwechslungsreicher Landschaft. Unser erster Halt ist an einer kalten Schwefelquelle. Es riecht nach Schwefelwasserstoff. Die Gasblasen blubbern in kleinen mit Wasser gefüllten Vertiefungen. Rundherum sind wir im Regenwald.

Der zweite Halt ist bei den Milton Falls. Wir quälen uns einen Fluß über große Steinbrocken hoch und kehren nach einer halben Stunde um. Der Wasserfall sollte nach 10 Minuten erreicht werden. Wir haben ihn nicht gesehen.

Mehrfach sehen wir Hinweise auf den Waitukubuli Trail. Das ist ein anspruchsvoller Wanderweg, der sich vom Süden der Insel bis zum Nordende erstreckt. Teilweise ist er wegen Zerstörungen durch den Hurrikan Erika gesperrt.

 

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Kalte Schwefelquelle

Nach einigem Suchen finden wir das Museumsdorf der Kalinargo. Dies waren die Bewohner der Insel, als Kolumbus auf seiner zweiten Reise hierher kam. Die Kalinargo haben ein eher asiatisches Aussehen. Als wir zwei Landarbeiter nach dem Weg fragen, wähnen wir uns in China. Die Kalinargo kommen wahrscheinlich auch aus dem Orinokobecken, wie auch die Arawaks, die sie vertrieben haben. Dasselbe Schicksal erlitten sie nun durch die weißen Siedler. Es gab ein regelrechtes Massaker. In dem Museumsdorf wird das überhaupt nicht erwähnt. Erst auf Nachfrage sagt der Kalinargo, daß es eine Fehde zwischen Brüdern gewesen sei. Oberflächlich gesehen, mag das richtig sein. Drahtzieher waren aber die weißen Siedler. Die restlichen Kalinargo waren so erbost, daß sie nach Marie Galante segelten und dort alle weißen Siedler umbrachten. Schließlich wurde ihnen ein Territorium (Reservat) zugewiesen, wo sie noch heute leben. Es scheint so, daß die jungen Leute die alten Riten und Gebräuche wieder pflegen, soweit sie überhaupt noch vorhanden sind. Man hat das Gefühl, daß sie sich an den nordamerikanischen Indianern orientieren. Jedenfalls lassen Gesichtsbemalung und Kleidung darauf schließen. Auf jeden Fall sind der Bootsbau und die Flechtkunst original.

Es gibt auch ein Versammlungshaus, wie ich es aus verschiedenen Kulturen Südamerikas und der Südsee kenne. In der Nähe arbeitet Faustulus, der traditionelle Zeichen in kleine Kürbisschalen eingraviert. Er zeigt uns ein Buch, daß er und eine Völkerkundlerin zusammen herausgebracht haben. Dort ist die Kultur der Kalinargo beschrieben. Auf die Frage, wo man das Buch erstehen könnte, antwortet er: Amazon.

Auf dem Rückweg fahren wir quer über die Insel und überqueren auf Behelfsbrücken mehrmals einen großen Fluß. Während des Hurrikans Erika haben die Wassermassen alle Brücken weggerissen oder unreparierbar zerstört. Auch die Straße fehlt in weiten Teilen. Es ist eine abenteuerliche Fahrt, und wir sind froh so ein robustes Fahrzeug zu haben.

                                                                                                                                                                                                                                                                          *                                                                                                                                                                                                                                                                             Faustulus*

Unterwegs machen wir eine kleine Wanderung zum Emerald Pool. Hier stürzt ein Wasserfall in eine türkisblaue Lagune. In der Südsee würde man sagen: Blue Lagoon. Sogar baden ist erlaubt, aber nicht tauchen. Bernd klettert zu dem Wasserfall hoch und ich mache ein Foto, damit man die Dimensionen zuordnen kann.

An der Westküste angelangt, durchqueren wir den Ort Massacre. Hier ereignete sich das Massaker an den Kalinargo. Ein paar Kilometer weiter kann man nach Morne abbiegen. Es  gibt einige kleine Restaurants. Das einzige, welches geöffnet hat, läßt uns durch laute Musik die Flucht ergreifen. In einer Bar gibt es nur importiertes Bier zu horrenden Preisen. Erst glauben wir, die Wirtin ist die von Bernd gesuchte, die einmal im Fernsehen vorgestellt wurde. Aber sie ist es nicht, nur eine Französin, die gut Deutsch spricht. Unsere Suche nach der Aussteigerin bleibt auch in Zukunft erfolglos.

                                                                                            

                                                                                              Smaragd-Wasserfall  

 

Der nächste Tag bringt uns an die Südspitze Dominicas - Scotts Head. Hier liegt eine verrostete Kanone herum. Die Engländer hatten wirklich alles perfekt ausgerüstet - überall Forts und Kanonen.

                                                               

                                                                                                Scotts Head*

Da es hier nichts weiter zu sehen gibt, machen wir einen Abstecher zu den Trafalgarfalls. Zwei 30-40 m hohe Wasserfälle fallen spektakulär in die Tiefe. Wir verweilen einen Moment in der kühlen Luft, ebenso wie einige Kadetten des in der Hauptstadt Roseau liegenden kolumbianischen Marinesegelschulschiffes.

Bevor wir weiter segeln, möchte Bernd noch gerne den One Palm Beach bei Marigot an der Nordostseite Dominicas besuchen. Dort soll es Grills und kühles Bier geben. Also nichts wie hin. Wir finden ein Schild, glauben aber nicht so richtig, daß das die Zufahrt sein könnte - zu unscheinbar. Im Ort Marigot schickt man uns genau an diese Stelle zurück, und wir schaukeln uns über einen schlammigen Weg zum Strand. Der ist sehr schön naturbelassen (kein Grill, kein Bier). Erst im Ort Marigot finden wir ein nettes kleines Restaurant direkt am Strand. Eine Atlantikbrise umfächelt uns.

                                                                                                                                                                                                                                                                                         Trafalgar-Wasserfall*

 

12. April 2016

Törn: Dominica/ Portsmouth - Guadeloupe/ Basse Terre

Strecke: 29,7 sm

Crew: Wolfram und Bernd

Obwohl es nur 30 sm bis Basse Terre auf Guadeloupe sind, brechen wir sehr früh auf. Um 06:15 h legen wir von der Mooringboje ab. Das war möglicherweise ein Fehler, denn wir sehen die Fischerleine nicht, die wir uns einfangen. Zum Glück ist sie am Kiel festgehalten. Als wir die Fahrt aus dem Boot nehmen, fällt sie von alleine ab. Wenige hundert Meter vom Steilufer kann das auch anders ausgehen. Ich hatte den Sprechfunkhörer schon in der Hand. Nochmal Glück gehabt.

An den Iles de Saintes vorbei, entpuppt sich als Slalomfahren zwischen den Fischerbojen. Sehr gefährlich. Auch eine Wassertiefe von über 200 m ist keine Garantie, daß es keine Fischerbojen gibt. Nachts sollte man hier nicht vorbeisegeln. Dann hat man keine Chance, die Bojen zu sehen.

Der Wind weht schwach aus E (4-5 kn), sodaß der Motor gestartet werden muß. Um 11:00 h legen wir in der Marina Riviere Sens an. Der Dockmaster hilft uns. Das Heck muß an einer Boje festgemacht werden. Immer ein besonderer Akt.

Die Marina ist ziemlich neu und weitab von der Stadt. Das Nötigste gibt es in der Marina, so auch gutes Brot. Ein paar recht teure Restaurants haben sich auch angesiedelt. Viele Geschäfte und Cafes sind schon für immer geschlossen. Pleite. Das kann man bei ähnlichen Projekten öfter beobachten. Mit viel Geld werden die Marinas in die Landschaft gestellt, ohne eine vernünftige Infrastruktur und Anbindung an die nächste Stadt. Wie man auch hier sieht, geht es meistens schief.

Am 13.04.2016 mustert Bernd ab. Ihm ist es tatsächlich gelungen auch von hier einen Flug nach Martinique und dann nach Deutschland zu bekommen. E war eine schöne Zeit, und wir haben einige Inseln wirklich intensiv erkundet.

Ich möchte eigentlich gleich ablegen, um an meinen Zielort Telca Marina auf St. Kitts zu kommen, aber es ist kein Wind. So muß ich notgedrungen warten. Doch dann ist es soweit.

Die mit * gekennzeichneten Fotos sind von Bernd. Vielen Dank dafür!

 

22. und 23. April 2016

Törn: Basse Terre - Sandy Point/ St. Kitts

Strecke: 105 sm

Crew: Wolfram

Um 09:00 h heißt es: Leinen los. Der Dockmaster hilft mir. Draußen ist zunächst wenig Wind, aber als ich hinter Guadeloupe hervorkomme, entwickelt sich einer der schönsten Törns der letzten Zeit. Bei 17 kn aus ENE und wenig Welle schießt die ATAIR dahin. Die Insel Monserrat kann ich am Abend verschwommen sehen und riechen. Der dortige Vulkan ist wohl ein "Smoker" und stößt ständig Asche aus. In den 1990er Jahren gab es einen größeren Ausbruch und die Hauptstadt wurde zerstört. Viele Jahre später, als sich wieder Leute zaghaft angesiedelt hatten, gab es wieder einen Ausbruch. Seither hat man sich auf den Nordteil der Insel zurückgezogen.

In der Nacht habe ich einen herrlichen Vollmond. Die ATAIR wird immer schneller, sodaß ich reffen muß, um nicht zu früh anzukommen. Vor der Westküste St. Kitts hilft dann auch noch ein Strom von ca. 1 kn. Auf meine Funkanfrage antwortet niemand (später stellt sich heraus, daß die Marina gar kein VHF hat). Die Hafeneinfahrt ist schwer auszumachen. Mit Hilfe des Navionics Programms, kann ich jedoch genau sehen, wo ich bin. Nur - die Marina ist auf der elektronischen Karte nicht existent. Schließlich sehe ich die Kennzeichnung der Einfahrt und fahre vorsichtig in das Hafenbecken. Da steht schon ein Mann am Pier. So ist zügig an der Außenseite der Bucht des Travellifts festgemacht. In den kleinen Hafen steht ein starker Schwell, der an den Leinen zerrt. Zunächst kommt der Zoll in Form einer aufreizenden Lady. Sie bittet mich in den Bürocontainer zu kommen. Dort muß ich die overtime bezahlen. Da ist sie unerbittlich. Schließlich hätte sie aus dem Bett gemußt, um mich in Empfang zu nehmen. Mit 55 EC$ (ca. 18 €) bin ich dabei + die normale Einklarierungsgebühr von 10 €. Dafür fährt sie mich zur Polizeistation des Ortes Sandy Point. Dort wird die Immigration erledigt. Und dann fährt sie mich auch zurück!!! In meinem Alter passiert es nicht so oft, daß eine Lady auf einen wartet.

Bis Montag den 25.04. muß ich in dem schwelligen Hafen aushalten. Zwei Festmacher sind schon nach einem Tag kaputt.

Am Montag ist der "haul out". Der 150 to Lift hebt die ATAIR wie eine Feder aus dem Wasser. Ich muß noch nicht einmal den Radarmast herunter nehmen. Die ATAIR wird dann über die Hauptverkehrsstrasse gekarrt (ohne Warnung für den fließenden Verkehr). Da es auf dem großen Gelände nur 3 Wasseranschlüsse und zwei 220 V Stromanschlüsse gibt, habe ich den Fahrer gebeten mich wenigstens in Stromnähe abzusetzen. Es geht leicht bergauf. Die ATAIR gerät ins Schwingen und der Buggurt rutsch ca. 1 m nach vorne. Es gibt einen ordentlichen Ruck und nur die aus dem Rumpf hervorstehenden Öffnungen des Bugstrahlruders halten den Gurt auf und verhindern Schlimmeres. Jetzt muß noch ein Loch gegraben werden, damit die ATAIR da hinein gesetzt werden kann. Am Schluß werden noch 4 Spanngurte angebracht, die verhindern sollen, daß die ATAIR im Falle eines Hurrikans umkippt. Nach 2 h sind die Jungs fertig und ich kann wieder an Deck gehen. Der Schiffsboden bewegt sich immer noch unter mir, wie im schwelligen Hafen. Seebeine sind das.

Am 27.04. sehe ich das Segelboot "Naomi" vor dem Hafen kreuzen. Über Funk lotse ich Ian (Londoner Taxifahrer s.o.) in den Hafen. Auf dem Weg dorthin sammle ich noch 3 Leute ein, die beim Anlegen helfen sollen. Ian wollte schon abdrehen, weil sich auf Kanal 16 niemand meldete. Es ist wirklich nicht gut, daß die Telca Marina keinen Funk hat.

Ian möchte die Insel umrunden. Da kein Kreuzfahrtschiff da ist, können wir uns nicht an eine Reisegruppe dranhängen (20 US$ p.P.). In der shopping-Meile am Hafen bedrängt uns ein Tourenfahrer: 25 US$ p.P.  Wir sind ja nur zwei! Sonst fahren da bis zu 10 Leute mit. Er macht es für den genannten Preis. Das ist billiger als ein Mietauto: 100 US$ pro Tag. Erster Halt ist das bei unserer Marina gelegene Fort Shirley auf Brimstone Hill. Das Fort ist sorgfältig restauriert und bietet schöne Aussicht auf die umliegenden Inseln. Das Fort ist die einzige größere Sehenswürdigkeit auf St. Kitts.

Die Fahrt geht weiter durch Zuckerrohrfelder und vorbei an Ruinen von Windmühlen und Rumdestillen. Durch die Felder läuft immer noch eine Bahn, heute vollgepackt mit Touristen anstelle des Zuckerrohres.

Halt wird auch an einem Black Rock gemacht. Das sind schwarze Felsen, die bis ins Meer reichen. Offensichtlich war das mal ein Lavastrom. Ansonsten verläuft die Fahrt ereignisfrei, und wir kommen schließlich wieder in Basse Terre an, wo die Barfrau am Kreuzfahrtschiffpier inzwischen ihre Gin and Tonic - Bestände überprüft hat und uns exzellente Drinks serviert.

Ian schenkt mir sein ganzes Kleingeld von EC$ und ich ihm einige Lebensmittelbestände aus den Tiefen der ATAIR. Am 30.04. legt Ian ab, Richtung St. Maarten, wo er am selben Tag um 18:00 h gut ankommt. Hoffentlich klappt alles gut mit seiner Atlantiküberquerung. Wir verabreden, daß er sein Iridium Handy in Betrieb nimmt und ich ihm Wetternachrichten aus Deutschland liefere. Fair winds, Ian !!!!!

Alles ist an dem Standort mit zeitaufwendigen Fahrten verbunden. So muß man zu der wohl einzigen Wäscherei weit und breit, eine halbe Stunde Busfahrt auf sich nehmen. Motoröl gibts 2 km in die andere Richtung. Die Busfahrer scheinen in Zukunft an der Formel 1 teilnehmen zu wollen, so hauen sie auf das Gaspedal.

Heute ist der 04.05.2016. Es ist noch eine Woche, bis ich die ATAIR alleine lasse und mit der Fähre nach Nevis fahre (45 Minuten), um meinen Flug nach Deutschland anzutreten. Die Arbeiten zur Vorbereitung der Lagerung sind gut vorangekommen, sodaß ich den Zeitplan aller Voraussicht nach einhalten kann. Alleine geht eben alles viel langsamer und manchmal, muß ich offen gestehen, fehlt mir auch die Motivation. Segeln ist mir lieber.

Mit einem Fremdboot (Fähre) habe ich mich am 11.05. nach Nevis fahren lassen. Es hat eine Stunde gedauert. Nevis ist noch einsamer als St. Kitts. Trotzdem sind die Hotelpreise horrend hoch. Das geht bis 500 € für eine Nacht. Man fragt sich wofür ? Die Hotels sind absolute Enklaven. Drumherum gibt es nichts - doch, einen Golfplatz habe ich gesehen. Ich bin in einem Guesthouse (Ocean View) in Newcastle in der Nähe des Flughafens untergekommen (47 € pro Nacht). Auch hier ist es recht abgelegen. Den atlantischen Ozean kann man von der Terasse aus sehen. Das Ocean View ist also nicht gelogen.

Die ATAIR ist nun sich selbst überlassen, und ich hoffe, daß ich sie sturmsicher machen konnte. In regelmäßigen Abständen wird die ATAIR von Quincy, einem Mitarbeiter der Marina, kontrolliert.

Nächster Fixpunkt ist der Abflug von hier nach Deutschland am 14.05.